Wir fahren weiter mit Manish durch die Stadt. An einer ruhigen Stelle dürfen wir selbst auch einmal fahren, ist gar nicht so schwierig. Also wenn der Verkehr nicht wäre, könnt man sich glatt eine Autorickshaw zum Selberfahren mieten. Unser nächstes Ziel ist der Mehtab Bagh, übersetzt Moonlight Garden. Von diesem Garten aus hat man einen wundervollen Blick über den Fluss Yamuna zum Taj Mahal. Wir wollen uns erst den Sonnenuntergang ansehen. Mein erster Blick auf den Taj Mahal, ich habe so lange darauf gewartet! Manish will unbedingt „jumping pictures“ mit uns machen und was soll ich sagen: Die sind richtig gut geworden. Hier temporär ein schlecht anonymisierter Lasse um zu veranschaulichen worum es geht.
Manish erzählt, dass an dieser Stelle ursprünglich der „Black Mahal“ enstehen sollte, das eigene Mausoleum für Shah Jahan als Gegestück zum Taj. Das scheint jedoch ins Reich der Legenden zu gehören, sicher ist man sich allerdings nicht.
Wir setzen uns ans Flussufer und beobachten den Sonnenuntergang. Ich bin in romantischer Superstimmung, Lasse ist müde und genervt. Wie lange wir hier noch rumsitzen müssen. Ob wir nicht irgendwas TUN können. Sein Kreislauf. Er rennt ein paar Mal irgendeinem Streifenhörnchen oder Vogel hinterher. Jetzt bin ich genervt, dass er nicht mal 5 Minuten diesen großartigen (!) romantischen (!) Sonnenuntergang (!) am Taj Mahal (!!!!!!) mit mir genießen kann. Lasse setzt sich zu mir. Und schläft ein. Ich wünsche mir Lotta herbei.
Ja gut, so romantisch ist es dann auch nicht - allein sind wir natürlich nicht.
Es geht zurück zur Rickshaw, es ist bereits halbsieben. Wir sollen um sieben zurück im Homestay zum Essen sein. Es gibt allerdings Diskussion, Manish will uns unbedingt noch etwas zeigen: wie der Marmor am Taj Mahal hergestellt und bearbeitet wurde. Er belatschert uns ohne Ende. Ich ahne schon worauf das hinausläuft, aber da Lasse jetzt wegen mir so lange durchs nichts tun gelitten hat und er möchte, fahren wir dort hin. Zack, sitzen wir in einem Shop. Erst wird uns kurz tatsächlich die Bearbeitung der Steine gezeigt, dann sitzen wir im Laden mit einem Chai und bekommen alle möglichen Tische, Mini Taj-Mahals, Kästchen und andere Kitschigeiten gezeigt. Wir sollen einfach alles beiseite legen was uns gefällt. Hier fällt mir das nicht schwer: Gar nichts. Wir ziehen uns, nicht ohne Diskussion über das Warum, zurück. Ich bin etwas sauer, es ist viertel nach sieben und die Leute im Homestay haben extra für uns gekocht.
Manish ist auch angefressen. Allerdings ist das mehr der Tatsache geschuldet, dass wir nichts gekauft haben. Immer untermalt natürlich damit, dass wir seine besonderen Freunde sein und NIIIIICHTS tun müssen was wir nicht wollen. Achja und wir sollten unbedingt morgen früh zum Sonnenaufgang mit ihm zum West Gate des Taj Mahal fahren, da die Schlangen am East Gate fürchterlich sein. Und dann noch dieses und jenes, irgendwelche Shops, irgendwelche Sehenswürdigkeiten. Lasse ist schon kurz davor wieder ja zu sagen. Diesmal setze ich mich durch und bestehe darauf, dass ich früh zum Taj laufen will. Wir verabreden uns nur für später, damit er uns zum Red Fort fahren kann.
Das Essen ist wahnsinnig lecker. Es gibt Kürbis, Gemüse, Linsen, Reis und Chapati. Wir sitzen am großen Tisch und unterhalten uns mit der wahnsinnig netten Gastgeberin. Bei der Gelegenheit frage ich ob es wirklich Sinn machen würde, zum Sonnenaufgang von hier aus zum West Gate zu fahren. Sie ist entsetzt. Natürlich nicht. Jetzt wird auch Lasse sauer. Irgendwie trifft ihn das Ganze (also auch die Nummer mit dem Shop), er hatte Manish irgendwie ins Herz geschlossen, ihm vertraut und fühlt sich persönlich belogen. Wir beschliessen, morgen nicht mehr mit ihm zu fahren und Lasse will ihm noch ein paar Worte sagen. Ich habe nach wie vor Brüssel im Kopf. Die Hunde bellen und jaulen die ganze Nacht und klingen furchtbar traurig. Ich kann so gut wie gar nicht schlafen. Um 5.30 klingelt der Wecker.