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  1. #4771
    Zielstrebig Avatar von moki
    Ort: Niederbergisches Land
    Zitat Zitat von Hyppolite Beitrag anzeigen
    Ich werde nie verstehen, warum arme Menschen bei uns keine Lobby haben. Dabei kann es jeden treffen, liegt es vielleicht daran?

    Jetzt ist dieses Urteil ergangen, welche medienpräsenz hat es? Im Gegensatz zu Klima Greta und afd und anderem fast keine.

    Ist es nicht wichtig? Anscheinend nicht. Bis es auch dich betrifft und dann bis auch du unwichtig. Traurig das alles.
    Nein, es kann eben nicht alle treffen. Wenn Politiker aus Gründen nicht mehr arbeitsfähig sind, sind sie und deren Familien bis zum Lebensende gut abgesichert. Und genau sie machen die Gesetze und bestimmen über die Menschenwürde. Finde den Fehler.
    Gegen Faschisten und deren Sympathisanten zu sein, macht einen nicht automatisch links, sondern demokratisch gesinnt.

  2. #4772
    Zitat Zitat von Marmelada Beitrag anzeigen
    Du reißt jetzt Sätze aus dem Zusammenhang, um mir weiterhin etwas unterzuschieben. Du zitierst z.B. nur diesen Satz: "Die meisten sind mehr oder weniger gut in der Lage durch den Tag zu kommen.", der dann aber so weitergeht: " Es ist alles schwerer als bei gesunden Menschen, aber vieles ist bei nicht so schweren Verläufen doch noch möglich. Anziehen, Einkaufen, Arztbesuch.

    Erst im Zusammenhang wird ein Ganzes draus. Und ich bin es jetzt tatsächlich leid, dass Du mir weiterhin etwas unterstellen willst, was ich nicht sage oder meine.
    Warum sollte ich Dir was unterstellen? Das ist doch Quatsch. Ich habe Dich tatsächlich so verstanden.

    Und ich verstehe Dich übrigens auch beim dritten Mal Nachlesen nicht anders als beim ersten Mal.

  3. #4773
    also ihr könnt ja hier weiter theoretisieren bis zum Umfallen und euch das so hinreden, damit es gut klingt, aber ich war nicht in der Lage Briefe zu öffen, zu telefonieren geschweige denn Termine beim Amt hinzukriegen. Und ich hatte niemanden, der sowas für mich erledigt. und dreist wenn ich Bekannte oder Freunde in der Nähe gehabt hätte, hätte ich das niemanden gesagt, weil ich eben mit niemanden geredet hatte.

    Hätte, Könnte, Wäre etc. damit ist jemanden in einer schlimmen Phase überhaupt nicht geholfen. Und auch heute noch hasse ich telefonieren, ich hasse Behördentermine und Briefe hasse ich noch mehr. Es ist eine ungeheure Überwindung für mich, diese "normalen" Dinge zu tun.

    Was ich mich bei all euren Diskussionen immer frage: könnt ihr euch bei euren anscheinend großem Freundes-/Bekannten- und Familienkreis nicht vorstellen, das es Menschen gibt, die das nicht haben? ich kenne zwar jetzt wieder ein paar Leute, aber mir würde nicht im Traum einfallen sie da mit reinzuziehen.
    Ich hab das Glück, dass ich einen Partner habe, der mich unterstützt, aber wenn der nicht wäre, würde es ziemlich ruhig um mich rum sein.

  4. #4774
    Zitat Zitat von DragonladyOne Beitrag anzeigen
    ich kenne zwar jetzt wieder ein paar Leute, aber mir würde nicht im Traum einfallen sie da mit reinzuziehen.
    Kann ich gut nachvollziehen. Ich wäre vom Typ her ähnlich. (Könnte allerdings im Notfall immer auf Familienmitglieder zurückgreifen. Da fällt es mir persönlich leichter, weil Familie sowieso ständiges Nehmen & Geben bedeutet. Aber das Glück hat natürlich nicht jeder.)

  5. #4775
    Zitat Zitat von DragonladyOne Beitrag anzeigen
    also ihr könnt ja hier weiter theoretisieren bis zum Umfallen und euch das so hinreden, damit es gut klingt, aber ich war nicht in der Lage Briefe zu öffen, zu telefonieren geschweige denn Termine beim Amt hinzukriegen.
    Blöde Fragen weil ich mir das (glücklicherweise) nicht vorstellen kann: Warst Du auch nicht beim Arzt? Wie wurdest Du gesund? Können Depressionen von selbst verschwinden.
    Und warst Du damals arbeitslos oder bist Du einfach nicht mehr hingegangen? Ohne Krankmeldung bekommt man dann ja auch kein Geld mehr.

    Falls Dir das zu persönlich ist, sag einfach "geht Dich nichts an". Ich kenne (bewusst) nur einen Menschen mit einer Depression und die ist glücklicherweise nicht so schwer, dass nichts mehr geht.

  6. #4776

    Armutsbericht, HartzIV, Grundeinkommen

    Zitat Zitat von Mieze Schindler Beitrag anzeigen
    Nee, eigentlich ging es darum, dass es meiner Meinung nach Menschen mit Depression schwer bis unmöglich werden kann, ihren Auflagen vom Jobcenter nachzukommen.
    Wer den Auflagen nicht nachkommen kann, kann aber auch nicht arbeiten. Dann müsste er ärztliche Hilfe bekommen und in der Zeit der Behandlung, bis er wieder gesund bzw. überhaupt arbeitsfähig ist, krank geschrieben werden, oder nicht?

    PS: nur, bevor mich jemand missversteht: kann ja sein, dass man die ärztliche Hilfe bei beispielsweise Depressionen dann niedrigschwelliger gestalten muss, aber das ändert ja nichts am Thema, dass wer den Auflagen aus gesundheitlichen Gründen nicht nachkommen kann, der auch nicht arbeitsfähig ist.
    Geändert von ParadiseCity (10-11-2019 um 10:55 Uhr)

  7. #4777
    Na ja, ich finde es eh etwas problematisch, wenn Hartz IV-Empfänger*innen als quasi unfähig dargestellt werden, Dinge zu erledigen, die andere bei gleicher Erkrankung auch tun müssen und können.

    Psychische Krankheiten, hier vor allem Depressionen, stehen insgesamt an zweiter Stelle der Krankenstatistik bei Arbeitnehmer*innen. Das heißt, dass all diese Arbeitnehmer*innen zum Arzt gehen müssen, um sich krankschreiben zu lassen. Sie müssen Krankschreibungen beim Arbeitgeber einreichen und das gegebenenfalls wiederholen. Kommt man dieser Verpflichtung nicht nach, sind Abmahnungen oder Kündigungen fällig.

    Ich finde es nicht einleuchtend, dass diese Wege und Meldungen Hartz IV-Empfänger*innen bei gleicher Erkrankung nicht möglich sein sollen.

  8. #4778
    pflegt ihren Dachschaden Avatar von BlackGirl
    Ort: Kölle
    Zitat Zitat von DragonladyOne Beitrag anzeigen
    also ihr könnt ja hier weiter theoretisieren bis zum Umfallen und euch das so hinreden, damit es gut klingt, aber ich war nicht in der Lage Briefe zu öffen, zu telefonieren geschweige denn Termine beim Amt hinzukriegen. Und ich hatte niemanden, der sowas für mich erledigt. und dreist wenn ich Bekannte oder Freunde in der Nähe gehabt hätte, hätte ich das niemanden gesagt, weil ich eben mit niemanden geredet hatte.

    Hätte, Könnte, Wäre etc. damit ist jemanden in einer schlimmen Phase überhaupt nicht geholfen. Und auch heute noch hasse ich telefonieren, ich hasse Behördentermine und Briefe hasse ich noch mehr. Es ist eine ungeheure Überwindung für mich, diese "normalen" Dinge zu tun.

    Was ich mich bei all euren Diskussionen immer frage: könnt ihr euch bei euren anscheinend großem Freundes-/Bekannten- und Familienkreis nicht vorstellen, das es Menschen gibt, die das nicht haben? ich kenne zwar jetzt wieder ein paar Leute, aber mir würde nicht im Traum einfallen sie da mit reinzuziehen.
    Ich hab das Glück, dass ich einen Partner habe, der mich unterstützt, aber wenn der nicht wäre, würde es ziemlich ruhig um mich rum sein.
    Die meisten Menschen leben in einer Blase und tun sich mit der Vorstellung wie andere ihr Leben so gestalten. Es wirkt sehr surreal und unlogisch.

    HartzIV ist ein gutes Beispiel dafür, dass etwas in der Theorie ganz toll klingt, in der Praxis aber dann am Faktor Mensch scheitert. Ich wünsch mir echt, dass die Fallmanager mehr Zeit vorort verbringen. An der Tafel, in der Obdachlosenunterkunft etc.

  9. #4779
    Zitat Zitat von Tante Charlie Beitrag anzeigen
    Blöde Fragen weil ich mir das (glücklicherweise) nicht vorstellen kann: Warst Du auch nicht beim Arzt? Wie wurdest Du gesund? Können Depressionen von selbst verschwinden.
    Und warst Du damals arbeitslos oder bist Du einfach nicht mehr hingegangen? Ohne Krankmeldung bekommt man dann ja auch kein Geld mehr.

    Falls Dir das zu persönlich ist, sag einfach "geht Dich nichts an". Ich kenne (bewusst) nur einen Menschen mit einer Depression und die ist glücklicherweise nicht so schwer, dass nichts mehr geht.
    ich hab jetzt genügend Abstand und steh dazu.
    Früher hab ich mich geschämt, aber irgendwann hab ich die Kurve gekriegt und heute leb ich mit den Nachwehen. Ich weiß nicht, ob Depressionen heilbar sind. Ich lebe mit den Nachwirkungen, ich weiß, was ich aushalte, was ich schaffen kann und wann der Punkt wäre, dass ich mir wieder Hilfe hole (denke ich mal), hoffe ich.
    Das ist nicht so einfach zu erklären. Zumindest sehe ich wieder Licht am Ende des Tunnels, wie man so schön sagt, das war eine Zeitlang nicht so.

    aber schwierige Frage, das kann man nicht so schnell beantworten. Bei mir ging das über Jahre und war mehr oder weniger schleichend.
    Auslöser war die Trauer, ich hatte meinen damaligen Lebensgefährten kurz vor der Hochzeit verloren und der Schock saß tief. da funktionierte ich noch in Form von Arbeit teilweise, dann zog ich mich immer mehr und mehr zurück. Persönliche Nähe ertrug ich nicht mehr, ich hatte nur virtuell Kontakt. Ich war nicht beim Arzt, ich dachte ja ich trauer. später dann verlor ich meine Arbeit und und da wurde es dann haarig. Ich war immer noch nicht beim Arzt, eine Bekannte schleifte mich zum Amt, die hatte das mitgekriegt.
    Aber das ich depressiv war, hab ich nicht mitgekriegt oder erfolgreich verdrängt oder wie auch immer.
    meine Familie konnte mich nicht auffangen, meine Mutter triezte mich mehr als alles andere und ich blockte immer mehr ab, außerdem war das ein schwieriges Verhältnis.

    Krankgeschrieben war ich nicht, ich bin gar nicht auf die Idee gekommen. ich könnte seitenweise schreiben, das ist so viel, aber ich versuch das mal in Kürze: ich bin dann umgezogen, ohne Hilfe vom Amt, die sperrten mich. Ich hatte Hilfe von meinem jetzigen Mann, der mich auch finanziell unterstützte. Mir war das mehr oder weniger egal, ich ließ mich "führen". ich persönlich dachte mir immer, ich hab eine "Tür" wenn alle Stricke reißen. Krankgeschrieben war ich auch da nicht. Auf die Idee bin ich nie gekommen und ehrlich gesagt, hat mir das auch niemand damals gesagt.
    nach Monaten hebte dann das Amt die Sperre wieder auf und ich bekam normal Hartz 4. Ich musste mich bewerben usw. Das Theater hab ich hier schon mal geschrieben. Irgendwann holte ich mir einen Termin beim Therapeuten (das dauerte Monate) - 2 Jahre nach dem Todesfall) und dann hatte ich 2 Jahre Therapie.
    "Gesund" bzw. besser gesagt, stark genug zum Leben fühle ich mich seit 6 Jahren und der Todesfall war vor 12 Jahren.

    das ist jetzt sehr sehr kurz gefasst.
    Damals jedenfalls war ich noch nicht so "aufgeklärt" was man alles machen oder tun könnte. erst durch das Internet hab ich später viel mehr mitbekommen, aber da ist das Kind ja schon im Brunnen gefallen.
    Es gibt Tage, da geht man nicht aus dem Bett, da macht man nichts, kein Duschen, kein Zähneputzen, allein Aufstehen um auf Toilette zu gehen, war der Horror. ich persönlich hab all meine Kraft für meine Hunde aufgebracht. Fressen kaufen und geben, Gassi gehen. Das war alles was ich konnte. Dann gibt es Tage, da startet man durch, da duscht man, macht Haushalt, isst was und geht sogar einkaufen. Man schafft es zum Amt. Danach ist wieder Ruhe für Wochen. so schleichend wie ich in die Depression gerutscht bin, so schleichend ging es auch wieder raus.

    heute gibt es Tage, da hader ich mit mir selber, da schließ ich mich zu Hause ein, weine und finde alles scheiße, dann schreib ich mir alles von der Seele, gehe schlafen, stehe nächsten Morgen auf, rücke meine Krone zurecht und starte wieder durch. Ich hab mich von allem getrennt, was mir nicht gutgetan hat, sei es Umgebung, Menschen etc.
    Ich musste mich entscheiden, mir selbst treu zu sein oder den "Ansprüchen" anderer zu genügen.


    aber eines muss ich ganz klar sagen, hätte ich nicht die eine Person gehabt, die zu mir durchgedrungen ist und mich auf den "richtigen" Fuß erwischt hat mit mir umzugehen, wäre ich nicht mehr da
    das hat sonst niemand geschafft. jeder wollte mir erzählen, wie es geht, was ich machen muss, wie ich funktionieren muss etc. Viele meinten es gut, aber es hat mehr geschadet als alles andere.
    deshalb zieht man sich auch zurück, jedenfalls war ich so, ich wollte das alles nicht mehr hören.
    Am schlimmsten ist der Satz: Zeit heilt alle Wunden
    oder alles wird wieder gut oder reiß dich zusammen

    die Zeit heilt keine Wunden. Meine Wunden sind alle noch da. Aber ich hab gelernt, damit zu leben, das ist ein großer Unterschied.

  10. #4780
    Trellomfer
    unregistriert
    Zitat Zitat von Tante Charlie Beitrag anzeigen
    Dem verdanken wir doch erst Hartz 4.

    Frage: Wenn Sanktionen auf NULL möglich waren, wovon haben die Menschen dann gelebt? Mussten die betteln und wurden obdachlos? Ich wusste gar nicht, dass das bisher möglich war.
    Das ist eh irgendwie ein Unding. Bei allem Verständnis für Ärger über die paar Totalverweigerer, oder, die alles schleifen lassen: Wie kann es sein, daß ein Existenzminimum definiert wird, und man dann davon was abziehen darf?

  11. #4781
    Zitat Zitat von DragonladyOne Beitrag anzeigen
    ich hab jetzt genügend Abstand und steh dazu.
    Ich danke Dir. Und zitiere nichts daraus, falls Du es später doch editieren möchtest.
    Deine Offenheit beeindruckt mich und der Weg, den Du gegangen bist, lässt mich schlucken.
    Was für ein Glück im Unglück, dass Du Deinen Mann hattest. Sonst hättest Du ja wirklich vermutlich alles verloren und wärst auf der Straße gelandet.
    Macht das Jobcenter eigentlich auch Hausbesuche wenn einer nicht mehr kommt oder kann einen Sozialdienst kontaktieren? Oder geht einfach alles seinen behördlichen Weg: Untersützung wird gestrichen, Miete nicht mehr bezahlt, Zwangsräumung, Obdachlosigkeit?

  12. #4782
    vonne Pufferbude Avatar von Karl Napp
    Ort: Sag ick nich. +g+
    Zitat Zitat von Marmelada Beitrag anzeigen
    Na ja, ich finde es eh etwas problematisch, wenn Hartz IV-Empfänger*innen als quasi unfähig dargestellt werden, Dinge zu erledigen, die andere bei gleicher Erkrankung auch tun müssen und können.

    Psychische Krankheiten, hier vor allem Depressionen, stehen insgesamt an zweiter Stelle der Krankenstatistik bei Arbeitnehmer*innen. Das heißt, dass all diese Arbeitnehmer*innen zum Arzt gehen müssen, um sich krankschreiben zu lassen. Sie müssen Krankschreibungen beim Arbeitgeber einreichen und das gegebenenfalls wiederholen. Kommt man dieser Verpflichtung nicht nach, sind Abmahnungen oder Kündigungen fällig.

    Ich finde es nicht einleuchtend, dass diese Wege und Meldungen Hartz IV-Empfänger*innen bei gleicher Erkrankung nicht möglich sein sollen.
    du hast selbst erläutert, dass es verschiedene schweregrade gibt.
    bei einer leichten form ist es sicherlich möglich, diese von dir als selbtstverständlich dargestellten anforderungen, zu erfüllen.
    nun gut.

    dragonlady hat sich hier weit geöffnet.
    und schreibt, dass sie sich anfangs schämte ... zitatausschnitt "Früher hab ich mich geschämt".
    weiterhin ebenfalls ausschnitt "Aber das ich depressiv war, hab ich nicht mitgekriegt oder erfolgreich verdrängt oder wie auch immer."

    die dunkelziffer, habe hier keine prozente, derer, die an depressionen leiden bzw. davon betroffen sind, ist meiner meinung nach nicht zu verachten.
    eben aus diesen zwei sätzen abgeleitet und durch div. dokus bekannt gemacht.

    hinzu kommt, dass man nicht mal so hopplahopp nen termin bei entspr. fachpersonal bekommt. und die zusammenarbeit, harmonie zwischen
    arzt, therapeut und patient muss ebenfalls stimmen. da wird schon mal gewechselt.

  13. #4783
    Zitat Zitat von Tante Charlie Beitrag anzeigen
    Ich danke Dir. Und zitiere nichts daraus, falls Du es später doch editieren möchtest.
    Deine Offenheit beeindruckt mich und der Weg, den Du gegangen bist, lässt mich schlucken.
    Was für ein Glück im Unglück, dass Du Deinen Mann hattest. Sonst hättest Du ja wirklich vermutlich alles verloren und wärst auf der Straße gelandet.
    Macht das Jobcenter eigentlich auch Hausbesuche wenn einer nicht mehr kommt oder kann einen Sozialdienst kontaktieren? Oder geht einfach alles seinen behördlichen Weg: Untersützung wird gestrichen, Miete nicht mehr bezahlt, Zwangsräumung, Obdachlosigkeit?

    Manchmal, wenn ich so über mich schreibe, denke ich mir: da ist ja nichts bei, es ist die Wahrheit, was soll ich da beschönigen. dann schreibe ich und später denk ich mir: oh mein Gott, jetzt kann das alle Welt lesen was für ein Looser du bist und jetzt wird über dich gelacht im Hintergrund.
    das macht mir Angst und will mich dann wieder zurückziehen, schwöre mir selber: bloß keine Schwäche zeigen, bloß nicht über dich schreiben und der Abmeldebutton ist dann wieder sehr groß vor meinen Augen.
    Aber ich werde es nicht tun. es ist ein Teil meines Lebens und was andere denken ist mir zwar nicht egal, aber in meiner Therapie hab ich damals gelernt, dass ich ein Bauchmensch bin, ich entscheide fast immer aus dem Bauch heraus. Auch wann und was ich schreibe.
    Das kann gut gehen, aber auch in die Hose gehen. Ob und wie ich jetzt dafür verurteilt werde, kann ich nicht beeinflussen.


    es geht alles seinen behördlichen Weg. Es gibt keine Hausbesuche, keinen Sozialdienst, keinen den es irgendwie interessiert. Jedenfalls bei mir nicht. Du darfst jetzt nicht vergessen, dass meine Geschichte mit dem Jobcenter jetzt ja 7 - 10 Jahre her ist und sich vielleicht was geändert haben könnte. bei mir waren die kompletten 5 Monate Sperre auch eine Sperre, ich hab nicht einen Cent erhalten. vielleicht hätte ich gegen an gehen können, möglich. Aber ich hatte nicht die Kraft. und auch wenn ich jemanden zur Unterstützung hatte, so kann der dir ja nicht alles abnehmen. du musst ja trotzdem bei sein und wenn du nicht aus dem Haus kannst weil Panikattacken, dann können da hundert Leute stehen, es bringt nichts. die Behörden schreiben Briefe, wenn du nicht kommst, hast Pech. und ja bis zu Obdachlosigkeit. und ich hätte nicht vermutlich alles verloren, ich hatte alles verloren. Ich hatte weder Wohnung, noch Geld, noch irgendwas. Alle meine falschen Entscheidungen meines Lebens mündeten in diesem "Nichts". Wo andere wieder schreiben würden, was macht man sich so abhängig, selber schuld, man hätte, sollte ..... usw. usf.

    Ja, klar. Nur manchmal ist es eben so, dass Eine(r) durch das Raster fällt und man erst spät "erwachsen" wird. Diese Eine war ich. Jetzt steh ich auf eigenen Beinen und da muss ich ganz ehrlich zugeben, hat mein jetziger Mann großen Anteil dran, er hat mich immer darin bestärkt, meine eigenen Entscheidungen zu treffen, meinen eigenen Weg zu gehen, niemals und unter keinen Umständen von irgendjemanden abhängig zu sein.


    @KarlNapp
    du hast recht, ich denke die Dunkelziffer ist riesig.
    Ich selber hab ja auch immer gedacht, dass ich nur aus der Trauer nicht rauskomme. knapp 3 Jahre später sagt mir der Therapeut ich hab eine Depression, ich hab gedacht: der spinnt, ich bin doch nicht irre.
    aber all meine Stationen von meinem Leben, all die Schwierigkeiten, die 20 Jahre davor anfingen, haben dann in dieser Trauer endlich den "Durchbruch" gefunden und mich lahmgelegt. Der Punkt bei mir war eben, dass von einer Minute zu anderen mein bisheriges Leben ein Ende fand und ich nicht mehr wußte wer ich bin.
    Bei anderen gibt es so einen Auslöser nicht und es ist schleichend, das ist das Tückische. Und viele die ich kennen gelernt hatte sind ja auch nicht solche Zurückzieher wie ich es bin, die anderen sind aggressiv und verbittert, angriffslustig und laut. Viele trinken, etwas was ich nie gemacht habe. und viele können durchaus nach außen einen normalen Eindruck machen und reden genauso wie man es erwartet, aber innerlich sind sie leer und kaputt. Nur zugeben würden sie es nie.

  14. #4784
    Fröhlicher Kiesel Avatar von Schusselchen
    Ort: world of music
    @dragon lady.
    Ich finde Deine Offenheit gut und richtig, danke dafür. Wer sich darüber lustig macht ist der Idiot und nicht Du

    Aber das weisst Du ja auch im Kopf, in Deiner Seele wird es auch noch zu 100 % ankommen Was Du schreibst, klingt, als wenn noch ein paar Prozent fehlen, aber auch das wird sicher noch.

    Als ich im Ioff vor einiger Zeit über meine frühere Psychose schrieb, nannte es ein anderer User "Geschichten". Da habe ich mich nicht weiter aufgeregt, denn wer ist der Idiot? Früher wäre mir das aber auch nahe gegangen.

    @tante charlie
    Es gibt viele Unterstützungsmöglichkeiten für Menschen mit psychischen Problemen durch die Jobcenter, wenn sie denn nur davon wissen. Die meisten arbeiten eng mit psychosozialen Beratungsstellen zusammen, die unterstützen, wenn z.B. eine Therape nicht kurzfristig zu realisieren ist oder nicht gewollt wird. Auch mit Suchtberatungsstellen, Schuldnerberatungen usw. bestehen enge Kontakte. Die hier verpönten Angebote für die Herstellung einer Tagesstruktur wurden hier ja schon oft erwähnt
    Zusätzlich gibt es neben den einzelnen Vermittlern noch die eigentlichen Fallmanager, die über entsprechende sozialpädagogische Zusatzausbildung verfügen und sich um die Menschen mit besonderen Problemlagen kümmern. Die Begriffe werden auch von den Medien ständig durcheinander gebracht.

    Hausbesuche sind kaum möglich, da rechtlich nicht so einfach zulässig und vermutlich vom Arbeitsumfang auch gar nicht realisierbar. In Einzelfällen passiert aber auch das. Ich kenne auch Fälle, in denen erst durch Sanktionen, Betroffene den Weg gefunden haben, sich Hilfe zu suchen. Da gab es übrigens auch bisher schon die Möglichkeit, Sanktionen rückgängig zu machen, was auch passiert ist.

    Das Problem bei psychischen Erkrankungen ist aber oft, dass sie nach außen nicht sichtbar sind und oft nichtmal vom engsten Umfeld erkannt werden. Da fallen viele Betroffene durch das Raster völlig unabhängig davon, ob sie beim Jobcenter sind, Rentner, "klassische " Hausfrau oder eigentlich arbeiten. Und es ist leider so, dass nur unterstützt werden kann, wenn die Notwendigkeit irgendwie ersichtlich ist. Und das gilt immer, völlig unabhängig vom Thema des Threads "Armut, Hartz 4, " Das Problem ist die Krankheit an sich.
    Geändert von Schusselchen (10-11-2019 um 17:47 Uhr)

  15. #4785
    *wunschlos glücklich* Avatar von Koryphäe
    Ort: Büdchen+MTT+Doku/Reality
    Zitat Zitat von Karl Napp Beitrag anzeigen
    du hast selbst erläutert, dass es verschiedene schweregrade gibt.
    bei einer leichten form ist es sicherlich möglich, diese von dir als selbtstverständlich dargestellten anforderungen, zu erfüllen.
    nun gut.

    dragonlady hat sich hier weit geöffnet.
    und schreibt, dass sie sich anfangs schämte ... zitatausschnitt "Früher hab ich mich geschämt".
    weiterhin ebenfalls ausschnitt "Aber das ich depressiv war, hab ich nicht mitgekriegt oder erfolgreich verdrängt oder wie auch immer."

    die dunkelziffer, habe hier keine prozente, derer, die an depressionen leiden bzw. davon betroffen sind, ist meiner meinung nach nicht zu verachten.
    eben aus diesen zwei sätzen abgeleitet und durch div. dokus bekannt gemacht.

    hinzu kommt, dass man nicht mal so hopplahopp nen termin bei entspr. fachpersonal bekommt. und die zusammenarbeit, harmonie zwischen
    arzt, therapeut und patient muss ebenfalls stimmen. da wird schon mal gewechselt.
    Ich kann das von Dragon absolut nachvollziehen, ich hatte Glück in einer Hochphase meiner Depression sofort durch meine Familientherapeutin einen Arzt vermittelt zu bekommen, der Zeit hatte. Und über den psychosozialen Dienst hatte ich das Glück an einen Therapeuten zu kommen der gerade eine Kapazität noch frei hatte und der mir empfohlen worden ist. Bei dem bin ich ja schon fast 5 Jahre in Behandlung. Tiefenanalytisch, dauert halt am Längsten. Mittlerweile habe ich diese Phasen, dass ich mich vor den nächsten Zug legen möchte, nur noch sehr selten... Nehme das eher als Fluchtpunkt für mich. Also wenn alles nicht mehr klappt, dann kann ich mich immer noch vor den nächsten Zug werfen. Aber ich kann das ja morgen immer noch tun. Das rettet mich bis jetzt, zu wissen , dass morgen auch noch Züge gefahren. 2014 hatte ich eine Phase, wäre an dem einen Tag nicht Bahnstreik gewesen, ich wüsste nicht ob ich noch da wäre. Ich konnte zum Glück immer gut darüber reden, ich wusste aber nicht dass es Depressionen sind und ich wusste auch nicht dass ich tiefe Traumata durch meine Kindheit habe, ich fand das alles total normal. Auch dass ich teilweise acht Stunden auf meiner Couch saß und nichts tat und abends das Gefühl hatte, ich hätte mindestens zwei Umzüge gewuppt... Dass ich ständig am Heulen war ohne Grund... und dann diese Ausweglosigkeit, ich habe gar nicht verstanden was los war.


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