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  1. #2371
    Für diejenigen, welche gerne mehr Klimaschutz möchten, aber auch mal frustriert sind über die aktuellen Entwicklungen, empfehle ich den folgenden Vortrag von Prof. Dr. Uwe Schneidewind, Präsident des Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie.

    Prof. Dr. Uwe Schneidewind stellt in folgendem Vortrag die 3 Phasen gesellschaftlicher Veränderungsprozesse nach Anthony Appiah dar. Wir befinden uns in Phase 2.

    Ich bin selten so motiviert worden.

    Zukunftskunst
    Gelingt uns die Wende zu einer nachhaltigen Entwicklung?


    Gesellschaftliche Veränderungsprozesse bauen sich über lange Zeit auf. Eine moralische Umorientierung durchdringt die Gesellschaft (Häufigkeitsverdichtung) und es kommt dann plötzlich durch völlig unerwartete Ereignisse zu einem Umschlagen.
    Wem der ganze Vortrag mit 45 Minuten zu lange ist dem empfehlen ich eine gute Zusammenfassung mit den wichtigsten Ausschnitten hier auf Twitter:

    Geändert von AntiMuc (10-11-2019 um 18:35 Uhr)

  2. #2372
    Zitat Zitat von AntiMuc Beitrag anzeigen
    Es scheint ein erstes Umdenken bezüglich unseres Wirtschaftssystems stattzufinden, das nun auch im Rat der Wirtschaftsweisen angekommen ist. Ein erster kleiner Schritt in die richtige Richtung, wie er auch von Maja Göpel (ScientistsForFuture) gefordert wird, der aber deutlich zeigt dass was in Bewegung kommt.

    Fünf vor acht / Wirtschaftsweise: Ganz neue Töne
    Das hat nichts mit einem Umdenken hinsichtlich des Wirtschaftssystems zu tun. Es gibt halt Differenzen, ob die Schuldenbremse in der jetzigen Ausgestaltung wichtige staatliche Investitionen verhindert. Dabei vertreten 2 der Wirtschaftsweisen die Ansicht, dass man sich wieder mehr an früheren Regelungen, also vor Einführung der Schuldenbremse, orientierten könnte. Dabei geht es aber immer um Krisenzeiten bzw. Abschwächung der Konjunktur. Das System wird in keinster Weise in Frage gestellt.
    Es geht im staatliche Investitionen zur Ankurbelung der Konjunktur und des Wachstums. Es ist schwer vorstellbar, dass Maja Göpel diese auch nur ansatzweise befürworten würde. Zumal eine Nachhaltigkeitsforscherin und Predigerin in dem Sinne kaum für künftige Generationen belastende Schulden gutheißen könnte.

    Ökonomie ist nie eine starre Wissenschaft gewesen. Glaubenssätze ist eher ein Begriff der Systemkritiker. Dafür ist das alles viel zu komplex. Auch zu komplex um vereinfachte Antworten auf Fragen hinsichtlich Mindestlohn oder Geldmenge zu finden.
    Staatschulden sind nicht per se schlecht. Es kommt halt darauf an, wofür sie verwendet werden und wie sie wieder zurückgefahren werden.

    https://blogs.faz.net/fazit/2019/11/...konomen-11039/

  3. #2373
    Zitat Zitat von AntiMuc Beitrag anzeigen
    Die Hauptforderung von FridaysforFuture ist einfach nur das Pariser Klimaschutzabkommen einzuhalten, so wie es die Bundesregierung auch selbst unterzeichnet hat. Ist das echt schon zu viel verlangt?
    "Einfach nur".... Wieviele Länder weltweit sind denn on track, um das Klimaschutzabkommen "einfach nur" einzuhalten?
    Frage: wenn es nahezu keinem Land der Welt gelingt, die Ziele einzuhalten, kann es dann sein, dass die Ziele vielleicht doch ein bisschen zu ambitioniert waren? Dass man die damals festgesetzt hat nach dem Motto: "Lieber hohe Ziele setzen und die dann knapp verfehlen, als Pillepalle-Ziele, die jeder schafft, die aber keine Herausforderung sind"?

    Ich denke es ist FridaysForFuture, welche die unangenehmen Realitäten dieser Welt viel besser anerkennen als Ihre Kritiker. Liegt einfach daran, dass die meisten Ihrer Anhänger jung genug sind um den Mist auszubaden zu müssen, den wir Ihnen gerade einbrocken.
    Oh, wir ziehen die Alters-Karte. Das kann ich auch:
    Ich denke, dass die meisten FfF-Anhänger einfach zu jung sind, um Zusammenhänge zu verstehen oder (weil es ihrem Idealismus im Wege stehen würde) verstehen zu wollen.
    Zu jung für eine gesunde Portion Realismus.
    Zu jung, um all die anderen apokalyptischen Vorhersagen des späten 20. Jahrhunderts miterlebt zu haben.
    Zu jung, um überhaupt einschätzen zu können, was für negative Folgen auf die Gesellschaft brachial durchgeführte Veränderungen haben würden.
    Zu jung, um ausreichend reflektieren zu können, dass die 70jährige Oma oder die Familie mit 2 Kindern eben nicht mal eben mit dem Fahrrad oder Nahverkehr alle Erledigungen machen können.
    Zu jung, um zu verstehen, dass in den allermeisten Ländern dieser Welt die Bekämpfung der "Klimakatastrophe" eine untergeordnete bzw. nicht-existierende Rolle im Leben der Menschen spielt, weil die aus ihrer Sicht wichtigere Probleme haben.
    Zu jung, um zu erkennen, dass sich das auch in absehbarer Zeit nicht ändern wird. Da brauchst du nur einmal ein bisschen in der Welt rumreisen (ja, Flugzeug ist vonnöten) und dir einen Eindruck vom Leben außerhalb der westlichen Industriestaaten machen.
    Zu jung, um die ganzen Änderungen der letzten Jahrzehnte in Deutschland zugunsten einer besseren Umwelt aktiv miterlebt zu haben, so dass man diese auch mal wertschätzen kann, anstatt immer nur rumzumeckern und zu fordern, fordern, fordern.


    Und was ist so schwer daran anzuerkennen, dass Deutschland auch viel mehr Mittel hat das zu tun und nicht genau den Weg von Neuseeland gehen muss? Bereits jetzt werden über 40% der Energie regenerativ gewonnen. Solarenergie, Wind- und Wasserkraft genügen in Deutschland um den gesamten Energiebedarf zu decken. Es fehlt einzig und allein der politische Wille mehr zu tun. Im Gegenteil, zukunftsfähige Industriezweige wie Solarenergie und Windkraft werden aktiv in die Knie gezwungen um langfristig tote Industriezweige wie die Kohleindustrie zu fördern.
    Also auf Wikipedia steht für 2018 ein Anteil von regenerativer Energie bei der Stromerzeugung von 35% (global übrigens 20-25%, Deutschland liegt also weit über dem Durchschnitt). Der Anteil regenerativer Energien ist auch jedes Jahr weiter angestiegen (von 3,6% in 1990 über 6,6% in 2000, 16,7% in 2010 zu aktuell eben 35%) und wird vermutlich auch weiter ansteigen. Das ist auch mal eine Leistung, die man anerkennen kann.
    Ob tatsächlich irgendwann ausschließlich Solar-, Wind- und Wasserkraft genügen werden, um Deutschlands Strombedarf zu decken, da bin ich noch skeptisch, da der Gesamtenergiebedarf vermutlich auch nicht kleiner wird. Nichtsdestotrotz sind wir auf einem guten Weg dahin. Einen "fehlenden politischen Willen" kann ich anhand der Zahlen beim besten Willen nicht feststellen.

    Neuseeland schreibt dies nun gesetztlich fest, was sich Deutschland bis jetzt nicht mal ansatzweise traut. Erkennnst Du den Unterschied?
    Allerdings. Bis auf die Geste an sich, die man sicherlich begrüßen kann, gibt es in der Realität keinen. Das liegt zum einen daran, dass das Gesetz und die darin festgeschriebenen Ziele von Nachfolgeregierungen geändert oder komplett gestrichen werden können (und bis 2050 ist noch viel Zeit dafür), zum anderen daran, dass im Gesetz keinerlei Konsequenzen für Nichteinhaltung drohen:
    "No remedy or relief is available for failure to meet the 2050 target or an emissions budget, and the 2050 target and emissions budgets are not enforceable in a court of law, except as set out in this section. If the 2050 target or an emissions budget is not met, a court may make a declaration to that effect, together with an award of costs."


    Nochmal zum Abschluss:
    Ich begrüße durchaus den Aktivismus der FfF-Bewegung, es ist grundsätzlich eine gute Sache, für die sich dort eingesetzt wird. Außerdem freut es mich, wenn die Jugend politisch mitwirken möchte (ich bin z.B. durchaus für ein Wahlrecht ab 16, auch wenn da vermutlich Parteien von profitieren würden, die mir nicht allzu nahe stehen)
    Aber ohne eine Portion Realismus und weniger "Ihr Alten habt uns unser Leben ruiniert"-Attitüde wird die Bewegung das Gegenteil dessen erreichen, was sie will, nämlich Ablehnung im überwiegenden Teil der Bevölkerung.

    Zudem halte ich Schulstreiks auch nicht wirklich für ein geeignetes Mittel. Der "Verzicht" auf die Schule hat - im Gegensatz zu normalen Streiks - keinerlei nachteilige Folgen für diejenigen, deren Meinung man beeinflussen möchte, sondern einzig und allein für die Schüler selbst.

    Warum nicht "Saturdays for Future" und dann einen Tag in der Woche Konsumstreik?
    Keinerlei Ausgaben am Samstag! Kein Kino, kein Shopping, keine Ausflüge, bei denen man für irgendwas Eintritt bezahlen muss, kein Auto fahren, Flugreisen ja sowieso nicht, keine Clubs, keine Cafes/Restaurants... du verstehst, worauf ich hinaus will. Das würde die treffen, die ja angeblich so viel Macht besitzen, dass sie all eure schönen Forderungen boykottieren: die Wirtschaft.
    Aber ich befürchte, es ist einfacher, mal eben am Freitag für ein paar Stunden die Schule zu schwänzen, als auf seinen Wochenendspaß zu verzichten.
    Geändert von Mister Brot (11-11-2019 um 09:59 Uhr)

  4. #2374
    Zum Thema Neuseeland und der Festschreibung der Klimaneutralität im Gesetz:

    Auch die Festschreibung in einem Gesetz, künftig ein bestimmtes Klimaziel zu erreichen, ist letztlich nicht mehr als eine Absichtserklärung. Es würde in unserem Rechtssystem auch die Gewaltenteilung aushöhlen. Denn die demokratisch gewählte Legislative muss die Freiheit haben, Gesetze zu ändern, d.h. ggf. auch das Klimaziel-Gesetz, sodenn es eins gäbe.

    Edit: Ich sehe gerade, dass Mister Brot das auch vor ein paar Minuten thematisiert hat.

    Zum Arbeitsplatzabbau bei Enercon:

    Klar, dass das Unternehmen dem Staat die Schuld gibt. In gewisser Weise sehe ich das auch so, allerdings sehe ich die durch hohe Subventionen ausgelöste Blase als ursächlich. Solar und Windbranche leben nicht von natürlicher Nachfrage sondern von einer künstlich erzeugten Nachfrage. Man hätte es langsamer angehen lassen sollen, sodass sich eine nachhaltig profitable Industrie entwickelt hätte.
    Aber dem Gründer von Enercon mit seinem Vermögen von fast 8 Milliarden Dollar geht's gut. Also doch alles bestens.
    Geändert von Lieb-Ellchen (11-11-2019 um 10:06 Uhr)

  5. #2375
    Zitat Zitat von Mister Brot Beitrag anzeigen
    "Einfach nur".... Wieviele Länder weltweit sind denn on track, um das Klimaschutzabkommen "einfach nur" einzuhalten?
    Frage: wenn es nahezu keinem Land der Welt gelingt, die Ziele einzuhalten, kann es dann sein, dass die Ziele vielleicht doch ein bisschen zu ambitioniert waren?
    In den meisten Ländern fehlt im Wesentlichen der Wille der Parteien.

    Zitat Zitat von Mister Brot Beitrag anzeigen
    Oh, wir ziehen die Alters-Karte. Das kann ich auch:
    Ich denke, dass die meisten FfF-Anhänger einfach zu jung sind, um Zusammenhänge zu verstehen oder (weil es ihrem Idealismus im Wege stehen würde) verstehen zu wollen.
    ...
    FridaysforFuture ist alt genug zu erkennen, dass man sich bei so einem komplexen Thema auf die Vorhersagen und den Rat der Wissenschaft verlassen sollte. Das kann man nicht von jedem behaupten.

    Diese Vorhersagen sind mittlerweile derart negativ, dass ich froh bin nicht mehr jung zu sein. Bei den aktuellen Prognosen möchte ich die Welt in 50 Jahren definitiv nicht mehr erleben. Aber ich bringe Verständnis für die Jungend mit. Es geht um Ihre Zukunft. Wir Alten tun uns leicht zu sagen, dass man erstmal abwarten und nichts übereilen sollte. Wir müssen es ja nicht mehr ausbaden.


    Zitat Zitat von Mister Brot Beitrag anzeigen
    Nochmal zum Abschluss:
    Ich begrüße durchaus den Aktivismus der FfF-Bewegung, es ist grundsätzlich eine gute Sache, für die sich dort eingesetzt wird. Außerdem freut es mich, wenn die Jugend politisch mitwirken möchte (ich bin z.B. durchaus für ein Wahlrecht ab 16, auch wenn da vermutlich Parteien von profitieren würden, die mir nicht allzu nahe stehen)
    Aber ohne eine Portion Realismus und weniger "Ihr Alten habt uns unser Leben ruiniert"-Attitüde wird die Bewegung das Gegenteil dessen erreichen, was sie will, nämlich Ablehnung im überwiegenden Teil der Bevölkerung.
    Was ist denn dann Dein Vorschlag wie es weitergehen soll? Die Vorhersagen der Wissenschaft sind so negativ, dass jetzt was passieren muss.

    Bei den Kritikern von FridaysforFuture sehe ich immer nur Ablehnung zu allem was Veränderung bedeutet. Ich sehe keinen einzigen konstruktiven Vorschlag. Das macht die Position der meisten Kritiker einfach nur unglaubwürdig. Die meisten schieben nur Gründe vor um nichts tun zu müssen. Das ist bequem und man hat seine Ruhe.
    Geändert von AntiMuc (11-11-2019 um 17:20 Uhr)

  6. #2376
    Speechless, not clueless Avatar von ganzblau
    Ort: im Dörfli
    Republik-Serie zu nachhaltigen Energien, Teil 4 von 5:

    Atomkraft: Eine alte neue Hoffnung


    Die bisherigen 3 Teile:


    Wie schaffen wir die Energiewende? (18.10.)

    Bye-bye, Erdöl. Tschüss Kohle. Adios, Erdgas? (23.10.)

    Wohin der Wind weht (01.11.)
    Geändert von ganzblau (12-11-2019 um 06:03 Uhr)
    If we don't succeed in leaving patriarchy behind, this planet is toast.

  7. #2377
    >Atomkraft: Eine alte neue Hoffnung

    wichtige argumente!

    1. kernspaltung
    wenn nicht nur kommerz dahinter steckt, der über industrielle statistiken und versicherungen (rücklagen für potenzielle schäden, die man voraus berechnen will) arbeitet, sondern das öffentliche interesse für umwelt und sicherheit einbezogen wird, dann können sie auch eine sicherheit implementieren, die ein fukushima verhindert. da hatte eine kalkulation dahinter gesteckt, die die höhe des schadens nicht voraus ahnen konnte. nun braucht man aber eine andere strategie, die so etwas nie mehr in kauf nimmt.

    2. fusion
    wenn deutschland, usa, china und russland gemeinsam arbeiten würden, sehe ich chancen, bald etwas hinzukriegen.
    diese berechnungen der magnetfelder, und ideen um die energie zum zünden konzentrieren zu können, da stehen kulturelle fertigkeiten dahinter.
    deshalb brächte eine vereinigung der denkweisen eine höhere wahrscheinlichkeit, den richtigen "dreh" rauszukriegen.
    (siehe auch die arte dokus über mathematik, die lösung der "fermat'schen vermutung" gelang durch die mitarbeit eines japaners. der ist etwas anders, und extremst fleissig ans werk gegangen, und in summe mehrerer wissenschaftler und beweise konnte der kreis dann geschlossen werden. das kann bei vielen schwierigen mathematik aufgaben ähnlich geschehen. stark unterschiedliche herangehensweise.)
    Das Netz hat keine Obergrenze.. Das Schöne: Im Netz ist jede Aussage wahr. -- Nur die Fragen, die im Prinzip unentscheidbar sind, können wir entscheiden. (Heinz von Foerster)
    http://www.antiquealive.com/Blogs/Ha...ean_House.html

  8. #2378
    Zitat Zitat von AntiMuc Beitrag anzeigen
    FridaysforFuture ist alt genug zu erkennen, dass man sich bei so einem komplexen Thema auf die Vorhersagen und den Rat der Wissenschaft verlassen sollte. Das kann man nicht von jedem behaupten.

    Diese Vorhersagen sind mittlerweile derart negativ, dass ich froh bin nicht mehr jung zu sein. Bei den aktuellen Prognosen möchte ich die Welt in 50 Jahren definitiv nicht mehr erleben.
    Ich schon. Wird knapp, aber nicht unmöglich für mich bei der aktuell ständig steigenden Lebenserwartung.

    Gehen wir mal von den allerschlimmsten Prognosen aus:
    Der Erde selbst ist es vollkommen egal, dass es ein paar Grad wärmer wird. Die allerallermeiste Zeit in den letzten 4 Milliarden Jahren war es auf der Erde deutlich wärmer als heute, nochmal >10°C wärmer als die jetzigen Vorhersagen für 2100.


    (wir wären selbst bei den pessimistischsten Vorhersagen für 2100 immernoch im blauen Bereich)
    Für unseren Planeten sehe ich also schon einmal überhaupt nicht schwarz.

    Was den Menschen angeht: im Gegensatz zu dir vermute ich ganz stark, dass das Leben in 50 Jahren um einiges besser sein wird als heute. So wie es zuletzt quasi immer besser, komfortabler, einfacher geworden ist für eine Generation im Vergleich zur vorherigen. Der Mensch ist das anpassungsfähigste Lebewesen, das je auf diesem Planeten gelebt hat. Sieht man schon daran, wo er sich überall ausgebreitet hat.

    Sind Ereignisse wie Meeresspiegelanstieg oder eine Zunahme von Stürmen Gründe, warum es plötzlich ein Massensterben geben sollte? Eher nicht. Der Meeresspiegelanstieg vollzieht sich so langsam, dass da kaum jemand von im Schlaf überrascht werden wird.
    Stürme, wenn sie denn überhaupt in der Häufigkeit zunehmen, haben heutzutage viel weniger Todesopfer zur Folge als noch vor ein paar Jahrzehnten, obwohl es viel mehr betroffene Menschen geben müsste aufgrund der deutlich gestiegenen Weltbevölkerung. Warum? Weil zum einen immer genauere Vorhersagen dafür sorgen, dass Menschen gewarnt und evakuiert werden können und zum anderen eine immer stabilere Bauweise für weniger Schäden sorgt.

    Wird es lokale Veränderungen des Klimas geben? Vermutlich. Wird es dadurch Gebiete geben, die unattraktiver werden zum Leben? Wahrscheinlich. Wird es Gebiete geben, die attraktiver werden zum Leben? Genauso wahrscheinlich.
    Kann das zu Wanderungsbewegungen (=Flucht) führen? Möglich. Aber vermutlich (zumindest nur aufgrund des Klimas) nicht in dem großen Maße wie einige befürchten. Die Heimat zu verlassen, ist für die meisten Menschen nicht eben einfach und da braucht es schon sehr, sehr triftige Gründe für. Die kommenden Generationen werden mit dem dann im Vergleich zur vorherigen Generation um 0,5°C wärmeren Klima aufwachsen und garnichts anderes kennen. Zukünftige Kriege sowie Armut werden auch weiterhin deutlich mehr Menschen in die Flucht treiben als Klimaänderungen. Zudem sollte man nicht den gewaltigen technologischen Fortschritt außer Acht lassen, der durchaus dafür sorgen kann, dass der Mensch in 50 Jahren in heute nahezu unbewohnbaren Gegenden hervorragend leben kann.

    Das einzige wirklich große Problem, das ich tatsächlich sehen kann, wären lokal anhaltende Dürren über mehrere Jahrzehnte. Gebiete in der Nähe von Ozeanen/Meeren wird man vermutlich über riesige Entsalzungsanlagen mit Wasser versorgen können, so wie es heute z.B. schon in Dubai und Israel der Fall ist.

    Teile der Flora und Fauna, die wenig anpassungsfähig sind, könnten bei extremen Änderungen sicher auch in ihrer Existenz bedroht sein. Nun ist es nichts neues auf diesem Planeten, dass Pflanzen- oder Tierarten, die sich nicht an veränderte Gegebenheiten anpassen können, aussterben, während die Anpassungsfähigeren sich weiter ausbreiten. Trotzdem gehe ich davon aus, dass der Mensch eine Menge unternehmen wird, um viele bedrohte Arten z.B. durch Umsiedelung in dann vom Klima her wieder passendere Gegenden zu retten. Wir reden hier ja von einem Prozess, der sich über mehrere Jahrzehnte hinzieht, da ist genug Zeit. Aber auch für Pflanzen und Tiere gilt: die sind wesentlich stärker von anderen Dingen als dem Klimawandel bedroht, wie z.B. Wilderei, Überfischung, Verdreckung der Weltmeere, Abholzung von Wäldern, Umwandlung in Acker-/Bauland und und und...

    Es gibt aus meiner Sicht mindestens ein deutlich größeres globales Problem als den Klimawandel, um das die Menschheit sich primär kümmern muss und das zum Teil den Klimawandel auch noch verstärken wird: die rasch steigende Weltbevölkerung vor allem in ärmeren Ländern. Zwar argumentieren einige, das wäre (für den Klimawandel zumindest) nicht so relevant, weil wir hier in den Industrieländern pro Kopf ja wesentlich mehr CO2 freisetzen. Aber diese Denkweise ist extrem kurzfristig. Die künftigen Milliarden von Menschen in Teilen Afrikas und Asiens werden ja hoffentlich nicht auf immer und ewig in Armut leben. Die fangen gerade erst an zu konsumieren. Und natürlich spielt es dann eine Rolle, ob 1 Milliarde zusätzliche Menschen ein Auto brauchen oder 10 Milliarden. Ob 1 Milliarde zusätzliche Menschen essen wollen oder 10 Milliarden. Ob 1 Milliarde zusätzliche Menschen Strom benötigen oder 10 Milliarden.
    Das Problem ist natürlich, dass man Menschen kaum vorschreiben kann, wieviele Kinder sie zu kriegen haben (gut, China hat es eine Zeitlang versucht, aber das ist schon ziemlich inhuman). Da hilft nur Bildung und Wohlstand.

    Insofern ist mein Fazit: die Menschheit steht vor großen Herausforderungen, keine Frage. Einige davon wird man relativ problemlos in den Griff bekommen, andere vielleicht nicht ganz so gut. Die Apokalypse steht aber beim besten Willen nicht bevor. Zumal ja eben weltweit Anstrengungen unternommen werden, um die angesprochenen Probleme in den Griff zu bekommen und auch den Klimawandel abzuschwächen.
    Das mag einigen Aktivisten zwar manchmal zu wenig vorkommen, und dann kann man auch durchaus auf die Straße gehen und diese Meinung kundtun. Man sollte aber nie vergessen, dass das eigene Herzensthema eben nur eines von ganz vielen wichtigen Themen für die Menschen in einer Gesellschaft ist, und Politik bedeutet immer, unterschiedliche Interessen gegeneinander abzuwägen und Kompromisse zu schließen.

    Daher würde ich auf deine Frage
    Was ist denn dann Dein Vorschlag wie es weitergehen soll?
    antworten: die Menschen (inkl. der Wirtschaft) weiter sensibilisieren, mehr auf die Umwelt zu achten, ohne aber dabei aufgrund des Auftretens oder der absurden Forderungen bei den meisten Adressaten in die Schublade "die kann ich nicht ernst nehmen" gesteckt zu werden. Kleine (!) Veränderungen von vielen können auf Dauer auch sehr viel bewirken. Wir sind z.B. in diesem Jahr in den Urlaub nach Südfrankreich mit der Bahn gefahren, obwohl es teurer, zeitintensiver und auch weniger komfortabel war als das Flugzeug. Ich muss auch zugeben, dass ich nicht weiß, ob wir das beim nächsten Mal wieder machen würden, aber Greta wäre sicher stolz gewesen.
    Geändert von Mister Brot (12-11-2019 um 10:03 Uhr)

  9. #2379
    Zitat Zitat von Mister Brot Beitrag anzeigen
    Ich schon. Wird knapp, aber nicht unmöglich für mich bei der aktuell ständig steigenden Lebenserwartung.

    Gehen wir mal von den allerschlimmsten Prognosen aus:
    Der Erde selbst ist es vollkommen egal, dass es ein paar Grad wärmer wird. Die allerallermeiste Zeit in den letzten 4 Milliarden Jahren war es auf der Erde deutlich wärmer als heute, nochmal >10°C wärmer als die jetzigen Vorhersagen für 2100. [...]
    Sehr guter Beitrag, Mister Brot

    Ich bin eigentlich hier nur Leser, aber weil´s gerade zum Thema passt:
    Hab neulich mal ein bisschen über Dürren recherchiert und dabei ein interessantes Paper von Sheffield et al. (Nature, 2012, "Little change in global drought over the past 60 years") entdeckt. Auszug aus dem Abstract der Publikation: "Here we show that the previously reported increase in global drought is overestimated because the PDSI uses a simplified model of potential evaporation that responds only to changes in temperature and thus responds incorrectly to global warming in recent decades. More realistic calculations, based on the underlying physical principles that take into account changes in available energy, humidity and wind speed, suggest that there has been little change in drought over the past 60 years."

    Dazu passt auch die Tatsache, dass Pflanzen bei dem aktuell und wahrscheinlich auch zukünftig höheren CO2-Gehalt resistenter gegen Trockenheit sind/werden. Bei geringem CO2-Partialdruck müssen sich die Spaltöffnungen der Pflanzen weiter öffnen, um genug CO2 aufzunehmen. Dadurch geht leider auch viel Wasser verloren. Wenn nun aber mehr CO2 in der Atmosphäre vorhanden ist, müssen die Stomata weniger weit geöffnet werden und es verdunstet weniger Wasser. Somit kommt die Pflanze auch mit weniger Wasser über die Runden.

    So, und mit diesen Worten begebe ich mich jetzt wieder in den "Lurk-Modus".


  10. #2380
    uns hilft weder die kreidezeit noch die statistik von damals bis heute.

    dürre hin und her, die gegenden wo es wasser gibt, scheinen sich zu verschieben. das aufzuarbeiten ist ein extrem hartes wettrennen, um eine landwirtschaft der nötigen leistung zu etablieren.
    wie lang hats denn gedauert? und vor erst 90 jahren, ein kleiner technischer fehler, ein grösserer politischer fehler, und zufällig gabs holodomor. solche fehler kann bei entsprechender lage aber bald mal auch jemand anderer machen.

    noch realer:
    die jährlichen nachrichten über hitzetote.
    plus 3 grad bei ohnehin schon 45 sind ein todesurteil für wahre massen.

    und daher das wettrennen, entweder eingraben, oder kühlanlagen in nie da gewesenem gigantismus.
    beides braucht auch unpackbare energiemengen, die nicht da sind, ausser sie werfen jede verfügbare innovation in die verschiedenen atomkraftwerke.
    denn graben muss man dann wahrscheinlich mit elektromotoren, weil die verbrennungsmaschinen eben die hitze nochmal um vieles ärger machen, und die arbeiter können ebenfalls nicht überleben.
    Das Netz hat keine Obergrenze.. Das Schöne: Im Netz ist jede Aussage wahr. -- Nur die Fragen, die im Prinzip unentscheidbar sind, können wir entscheiden. (Heinz von Foerster)
    http://www.antiquealive.com/Blogs/Ha...ean_House.html

  11. #2381
    Speechless, not clueless Avatar von ganzblau
    Ort: im Dörfli
    Danke für diesen Einwurf, hans.

    Es ist ein himmelweiter Unterschied, ob man sich in die "Haut" der Erde versetzt, die sich für ihre menschlichen Bewohner ungefähr in ähnlichem Mass interessieren dürfte wie wuchernde Krebszellen für ihren menschlichen Wirt. Oder ob man sich in jene Bewohner des Planeten versetzt, die von den Auswirkungen der jetzigen Entwicklungen zentral betroffen sind.

    Wir SIND lebende Wesen (genauer: Menschen) und interessieren uns mit Fug und Recht in erster Linie für jene lebenden Wesen (nicht nur, aber auch: Menschen), die es als erste und zuvorderst trifft.

    Menschen sind nunmal soziale Wesen. Und unser Glück hängt in hohem Mass davon ab, wie es anderen Menschen geht. Ich sage gerne nochmals, dass ich weder bereit bin, einen erwärmungsbedingten Hitzetod zu sterben, noch tatenlos zuzusehen, wie Menschen in anderen Weltregionen den Hitzetod sterben. Solange es Mittel und Wege gibt, dagegen anzukämpfen.
    If we don't succeed in leaving patriarchy behind, this planet is toast.

  12. #2382
    *329* Avatar von suboptimal
    Ort: Ein Schritt vor Belgien
    Zitat Zitat von ganzblau Beitrag anzeigen
    ...

    Menschen sind nunmal soziale Wesen. Und unser Glück hängt in hohem Mass davon ab, wie es anderen Menschen geht...
    Genau daran zweifle ich in den letzten Jahren immer mehr...
    An manchen Tagen bist Du die Statue,
    an anderen die Taube.

  13. #2383
    Zitat Zitat von ganzblau Beitrag anzeigen

    Menschen sind nunmal soziale Wesen. Und unser Glück hängt in hohem Mass davon ab, wie es anderen Menschen geht. Ich sage gerne nochmals, dass ich weder bereit bin, einen erwärmungsbedingten Hitzetod zu sterben, noch tatenlos zuzusehen, wie Menschen in anderen Weltregionen den Hitzetod sterben. Solange es Mittel und Wege gibt, dagegen anzukämpfen.
    Wenn es dir als sozialem Wesen vor allem darum geht, dass so wenig Menschen wie möglich leiden bzw sterben müssen aufgrund des Klimas (verständlich) - machst du dir auch so viele Gedanken über die Menschen, die heute aufgrund von Kälte sterben und bei steigenden Temperaturen vielleicht nicht mehr?

    Ich vermute sogar mal, dass weltweit mehr Menschen an Kälte als an Hitze sterben, d.h. bei steigenden Temperaturen in den nächsten Jahrzehnten sollten tendenziell weniger Menschen zusätzlich an Hitze sterben als diejenigen, die nun nicht mehr an Kälte sterben.

    Eine großangelegte wissenschaftliche Studie scheint diese Vermutung zu stützen. Es wird doch von FfF-Anhängern immer gefordert, auf die Wissenschaft zu hören:
    https://www.sciencedaily.com/release...0520193831.htm

  14. #2384
    Zitat Zitat von Mister Brot Beitrag anzeigen
    Wenn es dir als sozialem Wesen vor allem darum geht, dass so wenig Menschen wie möglich leiden bzw sterben müssen aufgrund des Klimas (verständlich) - machst du dir auch so viele Gedanken über die Menschen, die heute aufgrund von Kälte sterben und bei steigenden Temperaturen vielleicht nicht mehr?

    Ich vermute sogar mal, dass weltweit mehr Menschen an Kälte als an Hitze sterben, d.h. bei steigenden Temperaturen in den nächsten Jahrzehnten sollten tendenziell weniger Menschen zusätzlich an Hitze sterben als diejenigen, die nun nicht mehr an Kälte sterben.

    Eine großangelegte wissenschaftliche Studie scheint diese Vermutung zu stützen. Es wird doch von FfF-Anhängern immer gefordert, auf die Wissenschaft zu hören:
    https://www.sciencedaily.com/release...0520193831.htm
    Du hättest mal weiterlesen sollen.

    https://www.sciencedaily.com/release...1113195019.htm

  15. #2385
    Top-Fangirl Avatar von dedeli I.O.F.F. Team
    Ort: München
    Zitat Zitat von Mister Brot Beitrag anzeigen
    Eine großangelegte wissenschaftliche Studie scheint diese Vermutung zu stützen. Es wird doch von FfF-Anhängern immer gefordert, auf die Wissenschaft zu hören:
    https://www.sciencedaily.com/release...0520193831.htm
    Ein kurzer Blick auf die Studie genügt, dass sie nur Todesfälle in 13 (!) Ländern untersucht, darunter Länder wie Thailand, Brasilien, Schweden, China, Italien und Japan, also auch Länder in denen es teilweise sehr kalte Regionen gibt und es daher auch vermehrt Tote durch z.B. Erfrierungen gibt. Das ganze ist also eine sehr selektive Studie, ich denke, wenn man z.B. 20 afrikanische Länder, einige aus Mittelamerika und dem Nahost hinzunehmen würde, würde diese Studie schon gleich etwas anders aussehen.
    Geändert von dedeli (12-11-2019 um 16:35 Uhr)


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