Trotz all dieser verschärften Kontrolle ist der Kommunistischen Partei aber die Kontrolle über die öffentliche Meinung zeitweise entglitten. Es gab ja lebhafte Diskussionen in den Sozialen Netzwerken, vor allem nachdem der Arztes Li Wenliang gestorben war, der frühzeitig vor dem neuartigen Virus gewarnt hatte und der für die angebliche Verbreitung "schädlicher Gerüchte" abgestraft wurde. Was hat sein Tod im kollektiven Bewusstsein ausgelöst?
Ich bin nach dem Bekanntwerden von Doktor Lis Tod die ganze Nacht über wach geblieben, weil ich selbst in meinem eigenen WeChat und Weibo gemerkt habe, was in den chinesischen sozialen Medien los ist. Das war beispiellos in den letzten Jahren. An so etwas kann man sich nicht erinnern.
Ein Grund ist, dass Li ein ganz einfacher Arzt war, keine politische Figur, kein berühmter Wissenschaftler oder ein Menschenrechtsaktivist. Stattdessen war er ein ganz normaler Typ, der eigentlich seinen Job gemacht und das unsinnige und - wie sich dann herausstellte - extrem gefährliche Vorgehen der Lokalregierung kritisiert hatte. Später äußerte er auch öffentlich seine generelle Kritik an der Unterdrückung von Informationen.
Und die Tragik, dass er ausgerechnet an dem Virus gestorben ist, vor dem er selbst Ende Dezember gewarnt hatte, ohne natürlich genau zu wissen, worum sich handelt - da hat es bei Millionen von Chinesen Klick gemacht: Ja, das geht nicht!