Südkorea
Als ich das erste Mal das Video zu Song of Stars von Mommy Son angeklickt habe, dachte ich, was soll dass nu wieder werden? Ein Typ spielt lachend mit Hunden, danach kommt ein dramatischer Beginn, bei man einen der typischen episch/kitschigen Popsongs aus Südkorea erwartet... doch der Typ trägt dabei ne pinke Maske, die zudem eher lächerlich denn cool wirkt. Auf seiner Schulter tanzt eine Fee aus Blütenblättern, die Bilder bauen mit verlassenen Landschaften und einer Geisterstadt weiter an der Epik und dann...
...dann kommt dieser Bruch: Nix da Epik! Denn plötzlich kommt da dieser Beat daher, wird nochmal konterkariert durch ein kurz eingespieltes, traditionelles Folkinstrument, die Lache ist erneut zu hören und nun klingt alles in Richtung billigem HipHop. Aber auch das hält nicht wirklich lange an, denn schon kommt das Saxophon zum Einsatz, bald folgen die Streicher gepaart mit... hmm... Jodelndem Geheul? Wie auch immer: die Epik wird mit einem Chor wieder aufgebaut, wenn auch ganz anders als vorher.
Der nächste Übergang folgt mit einer Fanfare, nun prägen Sax und Jodeln den Song zur Dance-Mucke, nur um bald wieder von einem Cembalo-Part unterbrochen zu werden. Ist dieser zu Ende, wird dem Orchester kurz die Bühne überlassen und Eugene Park bekommt mit seiner Geige einen Solo-Part. Der bunte Mix geht danach fröhlich weiter, bis das Video mit einem letzten glücklichen Lachen endet.
Da passiert ganz schön viel in diesem kurzen Lied und ich finde, da könnten sich viele Sachen aus der heutigen Musik eine dicke Scheibe in Sachen Vielseitigkeit und intelligentem Aufbau abschneiden, sind da doch sehr viele nach 08/15-Strickmuster gestrickt.
Das etwas Lächerliche der pinken Maske scheint übrigens beabsichtigt und wohl überlegt, es soll vermutlich den Charakter des Andersseins in der sonst entweder sehr aalglatten oder auf der anderen Seite sehr durchgestylten Musikbranche Südkoreas unterstreichen. Mommy Son ist ein Rebell, der sich nach einer Marke benannt hat, die Putzhandschuhe herstellt (Mamison). Als Dank für den Namen engagiert er sich als kostenloses Werbemodel für diese Firma.
Wohlüberlegt hat auch seine Karriere begonnen: Er nahm an einer Rapper-Talent-Show teil, generierte in der ersten Folge viel Aufmerksamkeit mit seiner Maske und seinem Talent, nur um dann in der zweiten Folge bereits aus der Show geworfen zu werden. Warum? Weil der völlig nervös wirkende Mommy Son seinen Text völlig versemmelte und sich ein paar schiefe Töne in die Darbietung schmuggelten.
Doch scheinbar, war das nur gespielt. Am gleichen Abend, nur kurz nach der Show, veröffentlichte er noch einen Track im Netz, bei denen er den Juroren für die gegebene Bühne dankte und sagte, dass dies erst der Anfang sei. Und es war wahrhaftig erst der Beginn seiner Karriere.
Im übrigen vermutet man den Rapper "Mad Clown" hinter dem Ganzen, der leugnet dass zwar genauso wie Mommy Son, aber letzterer lässt auch immer wieder "unabsichtlich" Hinweise fallen, dass er es eben doch ist.
Die Message hinter "Song of Stars" ist universell, aber vor Allem in einem Land wie Südkorea (das Land hat laut WHO die vierthöchste Selbstmordrate der Welt) wichtig. Ähnlich wie in Japan ist man hier immer noch sehr viel mehr als im Westen darauf bedacht, möglichst seine echten Gefühle zu verbergen. Vor allem negative Gefühle soll man nicht nach Aussen tragen. Es wird suggeriert, dass man nur andere damit unglücklich machen wird und man sich schämen sollte, nicht immer ein Lächeln auf den Lippen zu tragen im Umgang mit Anderen.
Doch Mommy Son rappt hier laut über seine Traurigkeit, die ganze Welt soll sie hören und er wird sie laut herausschreien, bis sie vorüber ist.
Zeige deine Traurigkeit, bevor deine inneren Dämonen dich auffressen.
Schreie deine Gefühle laut, bis du das Lied der Sterne hörst und wieder Glück erfährst.
Das durchgeknallte Video zu dem Ganzen gibt es hier:
https://www.youtube.com/watch?v=uUXKRemQZ7w