Offensichtlich knüpft Nolan an "Memento" an, sein berühmtes Frühwerk - wo allerdings weniger das Rückwärtslaufen (gemeint: des Filmstreifens) im Zentrum stand, sondern die erzählerische Strategie des
Hysteron/Proteron:
Die einzelnen Sequenzen entwickeln sich zwar weitgehend linear in der Zeit "nach vorne", aber ihre Anordnung ist
inverted zur eigentlich erwartbaren Abfolge. Heisst: Was später kommt, wird früher erzählt.
In "Tenet" haben wir hingegen tatsächlich ein konsequentes Rückwärtsgehen in der Zeitachse ... wobei gleich zu Beginn klar gesagt wird, dass nur "rückgängig" gemacht werden kann, was irgendwann auch vor-gängig (also: als Ereignis in einer Gegenwart Richtung Zukunft) passiert.
Das wiederholt ja auch Neil eins ums andere Mal wie ein Mantra: "Was passiert ist, ist passiert".
Damit schliesst der Filmautor vor allem an sein eigenes Meisterwerk "Interstellar" an, aber auch an andere Zeitreisefilme wie die "Back-to-the-Future"-Trilogie oder an die Harry-Potter-Folge "Der Gefangene von Azkaban", wo das einschlägige Stichwort
Time Turner heisst. Der Rezensent der ZEIT wirft hier auch noch die "Twelve Monkeys" von Terry Gilliamin den Ring bzw. Chris Markers Kurzfilm "La jetée", auf dessen Grundstruktur der Sci-Fi-Thriller mit Bruce Willis und Brad Pitt beruht.
Wie alle diese Geschichten einer Zeitumkehr (bzw. eines Zeitsprungs) beruft er sich dabei auf das sogenannte Grossvater-Paradox, welches in der Astrophysik (im Zusammenhang mit der Frage nach Wurmlöchern und Zeitreisen) ein beliebtes Gedankenspiel ist.
Kurz gesagt: Was passiert, wenn es möglich ist, in der eigenen Lebenszeit zurückzureisen, wobei man sich unter Umständen irgendwann (gemeint: im parallelen Universum) wieder begegnet?
Einfach verständliche Erklärungen dazu gibt es von Michio Kaku - zum Beispiel hier:
Reisen durch die Zeit.
DAS also ist der wissenschaftlich-philosophische Pool, aus dem Christopher Nolan hier (wieder) schöpft, wobei er es diesmal wirklich mit vollen Händen tut