Seite 9 von 11 ErsteErste ... 567891011 LetzteLetzte
Ergebnis 121 bis 135 von 163
  1. #121
    Auf der Seite des Aerotelegraph wurde ein Minutenprotokoll (in deutscher Sprache) der letzten Phase des Unfalls veröffentlicht.

    https://www.aerotelegraph.com/das-mi...-air-absturzes

    Daraus geht eindrucksvoll hervor, wie wenig Zeit den Piloten zum Handeln blieb.
    "Es genügt nicht nur sich keine Gedanken zu machen, man muss auch unfähig sein, sie auszudrücken." (Karl Kraus)

  2. #122
    Mich würde der Workload der Cockpit-Crew während dieser Flugphase interessieren. Leider habe ich auf den Seiten die ich bisher aufgerufen habe, wenig Informationen aktive 737 Piloten gesehen.

    Man müsste sich eigentlich noch in der Climb-Phase befunden haben, da die Zielhöhe noch nicht erreicht war. Allerdings flog man auch schon lange genug dass der AP aktiv und der Flug (mutmaßlich) bis 8000ft stabil. Ab dann dreht man bis zur Landung eigentlich nur noch Knöpfe (insbesondere heading und altitude) und lässt den Autopiloten fliegen.

    Für Landevorbereitungen war es hingegen noch reichlich früh.
    Geändert von Taisho (15-02-2021 um 07:44 Uhr)

  3. #123
    Zitat Zitat von Taisho Beitrag anzeigen

    Mich würde der Workload der Cockpit-Crew während dieser Flugphase interessieren.
    Habe vom Fliegen selbst zwar keine Ahnung, habe mir aber aus Interesse trotzdem das oben verlinkte Minutenprotokoll einmal detailliert angesehen.

    Meine Kommentare dazu habe ich in (...) gesetzt.

    14:38:51 Uhr:
    Der Pilot von Flug SJ182 bittet den Fluglotsen, aufgrund des Wetters den Kurs ändern zu dürfen. Der Lotse genehmigt dies. Das Flugzeug steuert ab nun nach rechts.

    (Das bedeutet doch, dass der Pilot an einem Drehschalter nun einen neuen Kurs einstellt, auf den der Autopilot der schon aktiv war reagiert.

    11" später erfolgt eine neue Anweisung vom ATC)

    14:39:01 Uhr:
    Der Lotse weist die Piloten an, ihren Steigflug bei 11.000 Fuß zu stoppen, um nicht einem anderen Flugzeug zu nahe zu kommen, das von Piste 25L gestartet war. Der Pilot bestätigt.

    (Dies wiederum bedeutet doch, dass der Pilot jetzt auch eine neue Zielhöhe einstellt, um den Steigflug auf dieser Höhe zu stabilisieren.

    46" Sekunden später ist diese nahezu erreicht.)

    14:39:47 Uhr:
    Der Flugdatenschreiber zeichnet auf, dass sich das Flugzeug auf rund 10.600 Fuß Höhe befindet und vom Kurs her nun nach links zieht. Der linke Schubhebel geht weiter zurück.

    (Während der ganzen bisher betrachteten Phase hat das Flugzeug, sprich der Autopilot - auf die Eingaben des Piloten reagiert. Das bedeutet doch m.E. Seiten- und Höhenruder eventuell auch Turbinenleistung wurden automatisch verstellt.

    Muss einem da auffallen, dass der linke Gashebel sich ungleichmäßig verstellt?

    7" später kommen neue Anweisungen des ATC)

    14:39:54 Uhr:
    Der Lotse weist den Piloten an, auf eine Höhe von 13.000 Fuß zu steigen. Der Pilot bestätigt fünf Sekunden später. Dies ist der letzte aufgezeichnete Funkkontakt.

    (Schon wieder muss der Pilot eine neue Höhe einstellen und tut das auch - und der Autopilot führt weiterhin die Befehle aus.

    11" später schaltet sich der Autopilot ab und das Flugzeug kippt um mehr als 45 Grad nach links. Das war's!)

    14:40:05 Uhr:
    Der Flugdatenschreiber zeichnet eine Höhe von etwa 10.900 Fuß auf. Dies ist der höchste Punkt, den der Flieger erreicht. Der Autopilot ist nun deaktiviert, die Nase des Flugzeuges zeigt 4,5 Grad nach oben. Die Maschine rollt um mehr als 45 Grad nach links. Der linke Schubhebel senkt sich weiter, während der rechte in Position bleibt.

    14:40:10 Uhr:
    Der Flugdatenschreiber zeichnet auf, dass die automatische Schubkontrolle deaktiviert ist. Die Nase des Flugzeuges zeigt jetzt um 10 Grad nach unten. Etwa 20 Sekunden später enden die Aufzeichnungen des Flugdatenschreibers.

    14:40:37 Uhr:
    Der Lotse versucht vergeblich, Flug SJ182 zu erreichen. Elf Sekunden später verschwindet das Flugzeug von seinem Radar-Bildschirm.

    ============================

    Wenn ich richtig rechne, sind es 75 Sekunden, die da beschrieben werden, in denen sich für mich als Laien folgendes ergibt:

    - Das Flugzeug war in dieser Phase ständig auf Kurs- und/oder Höhenänderungen unterwegs. Eine stabile Flugphase, in der man die stabile Reaktion von Autopilot und -throttles hätte beobachten können, gab es zu keinem Zeitpunkt.

    - Die Piloten beobachteten stattdessen doch vermutlich die Kurs- und Höhenanzeigen mit den jeweils gerade verstellten Zielwerten, um deren Erreichen zu kontrollieren

    - Die Piloten waren bzgl. der Kurs- und Höhenänderungen in ständigem Kontakt mit dem ATC und befolgten dessen Vorgaben.

    - Eventuell schaute man auch mal aus dem Fenster, wegen des anderen Fliegers auf Kollissionskurs

    Selbst wenn den Piloten die Unstimmigkeiten aufgefallen wären, was sie offensichtlich nicht taten, stellt sich mir die Frage, ob man in solch einer dynamischen Situation der ständigen Veränderung von Flugrichtung und -höhe SOFORT den Autopiloten ausschaltet und manuell in das dynamische Geschehen eingreift. Oder, ob da eventuell Hemmungen bestehen?

    WAS ich mich auch frage ist, ob es bei dem umfangreichen Meldesystem im Cockpit nicht auch eine Warnmeldung bei aussergewöhnlich asymmetrischer Schubverteilung der Triebwerke gibt?

    ICH kann diese Fragen logischerweise nicht beantworten, hier sind die Praktiker gefragt.

    Der bisher vorgelegte Untersuchungs-Bericht, geht auf diese, wie ich meine, fundamental wichtigen Fragen überhaupt nicht ein. Die einzige Erklärung, die ich dafür habe ist die, dass eine professionelle Human-Factors-Analyse zu diesem - auch noch ungesicherten Ablauf - aus Zeitmangel (oder anderen Gründen) noch nicht durchgeführt werden konnte.

    Ohne solch eine Bewertung den Unfall als "Pilotenfehler" abzutun, halte ich weiterhin für voreilig und spekulativ.
    Geändert von Don Caramba (17-02-2021 um 14:14 Uhr)
    "Es genügt nicht nur sich keine Gedanken zu machen, man muss auch unfähig sein, sie auszudrücken." (Karl Kraus)

  4. #124
    Zitat Zitat von Don Caramba Beitrag anzeigen
    Habe vom Fliegen selbst zwar keine Ahnung, habe mir aber aus Interesse trotzdem das oben verlinkte Minutenprotokoll einmal detailliert angesehen.
    Ich hab von Details in Airlinern wenig Ahnung, äußere mich trotzdem mal

    Zitat Zitat von Don Caramba Beitrag anzeigen
    Wenn ich richtig rechne, sind es 75 Sekunden, die da beschrieben werden, in denen sich für mich als Laien folgendes ergibt:
    - Das Flugzeug war in dieser Phase ständig auf Kurs- und/oder Höhenänderungen unterwegs. Eine stabile Flugphase, in der man die stabile Reaktion von Autopilot und -throttles hätte beobachten können, gab es zu keinem Zeitpunkt.
    - Die Piloten beobachteten stattdessen doch vermutlich die Kurs- und Höhenanzeigen mit den jeweils gerade verstellten Zielwerten, um deren Erreichen zu kontrollieren
    Dafür hat man ja 2 Leute im Cockpit. Einer fliegt (und wenn der Auto-Pilot fliegt beobachtet man die wichtigen Instrumente: Fluglagen-Anzeige, Geschwindigkeit und Libelle) und der andere macht den Rest (Funk, Autopilot einstellen, sekundär Instrumente im Blick, Checklisten etc). Im Auto beobachtest du ja auch nicht die Schaltung, sondern agierst "blind" (weil Blick zur Straße) und erwartet eine entsprechende Reaktion des Getriebes. Die Änderungen sind sicher nicht ideal, aber nichts ungewöhnliches.

    Zitat Zitat von Don Caramba Beitrag anzeigen
    - Die Piloten waren bzgl. der Kurs- und Höhenänderungen in ständigem Kontakt mit dem ATC und befolgten dessen Vorgaben.
    - Eventuell schaute man auch mal aus dem Fenster, wegen des anderen Fliegers auf Kollissionskurs
    Normalerweise rastet der (Co)Pilot schon während des Funk der auch extrem knapp gehalten wird. Für Airliner sollte das absolute Routine sein, gerade an Flughäfen wo die Flieger aus allen Richtungen in die Landeschleife einfedeln aber den Luftraum auch mit wegfliegendem Verkehr teilen werden ständig Höhen und Kurse angepasst. In dieser Flugphase wird eigentlich nur nach Instrumenten geflogen. 10.000ft (grob etwas mehr als 3000m) kann auch schon in den Wolken sein, dann sieht man meist nicht viel draußen. Aber gut möglich dass der Pilot tatsächlich versuchte das Flugzeug er finden während der Co-Pilot (oder umgekehrt) die neuen Flugparameter gerastet hat.

    Zitat Zitat von Don Caramba Beitrag anzeigen
    Selbst wenn den Piloten die Unstimmigkeiten aufgefallen wären, was sie offensichtlich nicht taten, stellt sich mir die Frage, ob man in solch einer dynamischen Situation der ständigen Veränderung von Flugrichtung und -höhe SOFORT den Autopiloten ausschaltet und manuell in das dynamische Geschehen eingreift. Oder, ob da eventuell Hemmungen bestehen?
    So sollte es trainiert worden sein. In einer Notlage übernimmt der Pilot sofort die Kontrolle und er ist der Chef - nicht der Computer.

    Das Szenario hier ist aber folgendes: Der Auto-Pilot hat - warum auch immer - das Flugzeug in eine unkontrollierbare Lage gebracht was die Piloten zu korrigieren versuchen sollten. Wird der Auto-Pilot nicht ausgeschaltet kämpft die Crew nicht nur gegen die Physik sondern eben auch gegen den Auto-Piloten.

    Eine Anmerkung noch zu oben. Der Auto-Pilot wurde deaktiviert (ob vom Piloten oder er selbst weiß man noch nicht) als bereits die gefährliche Querneigung erreicht und der Sturzflug eingeleitet war. Das spricht eigentlich eher dafür dass sich der AutoPilot von alleine deaktiviert hat, denn die Piloten hätten das schon vorher machen müssen um volle Kontrolle über das Flugzeug zu haben.

    Zitat Zitat von Don Caramba Beitrag anzeigen
    WAS ich mich auch frage ist, ob es bei dem umfangreichen Meldesystem im Cockpit nicht auch eine Warnmeldung bei aussergewöhnlich asymmetrischer Schubverteilung der Triebwerke gibt?
    Glaube nicht, asymetrische Schubverteilung kann ja auch gewollt sein (wenn zB. bei Vogelschlag ein Triebwerk abgeschaltet werden musste) und führt nicht zwangsläufig zum Absturz wenn man entsprechende Maßnahmen einleitet. Würde man jetzt permanent eine Warnmeldung hören würde das schon sehr nerven. Im Vogelschlag-Beispiel sind die Piloten aber auch im Bilde. Vielleicht sollte man eine Art Bestätigungssystem einführen. Nach dem Motto "Ping Ping - Pilot! das Flugzeug fliegt mit asymetrischem Schub, haste das auch bemerkt" - Wir dann ACK Knopf gedrückt ist das System erst mal still, wenn nicht nervt es weiter.

    Zitat Zitat von Don Caramba Beitrag anzeigen
    Der bisher vorgelegte Untersuchungs-Bericht, geht auf diese, wie ich meine, fundamental wichtigen Fragen überhaupt nicht ein. Die einzige Erklärung, die ich dafür habe ist die, dass eine professionelle Human-Factors-Analyse zu diesem - auch noch ungesicherten Ablauf - aus Zeitmangel (oder anderen Gründen) noch nicht durchgeführt werden konnte.

    Ohne solch eine Bewertung den Unfall als "Pilotenfehler" abzutun, halte ich weiterhin für voreilig und spekulativ.
    Was ich aus etlichen Mayday Folgen mitbekommen habe, ist dass tatsächlich auch noch das Umfeld der Piloten durchleuchtet wird, auch Kollegen und Ausbilder befragt und ein Profil erstellt. Das geht natürlich nicht ganz so schnell. Die Priorität hatten natürlich die BlackBoxen und Trümmerteile bergen um die grobe Unfall Ursache zu ermitteln.
    Geändert von Taisho (17-02-2021 um 22:04 Uhr)

  5. #125
    Zitat Zitat von Taisho Beitrag anzeigen

    Der Auto-Pilot wurde deaktiviert (ob vom Piloten oder er selbst weiß man noch nicht) als bereits die gefährliche Querneigung erreicht und der Sturzflug eingeleitet war. Das spricht eigentlich eher dafür dass sich der AutoPilot von alleine deaktiviert hat, denn die Piloten hätten das schon vorher machen müssen ....
    Es gibt jedoch keinen einzigen Hinweis darauf, dass die Piloten etwas bemerkt haben und irgendwelche Reaktionen - auch anderer Art - gegen die sich anbahnende Katastrophe in den entscheidenden 75" eingeleitet haben. Jedenfalls steht dazu im vorläufigen Bericht nichts drin.

    Dass in einer Phase in der sich das Flugzeug noch im Steigflug nach dem Start befindet, zunächst eine Kursänderung eingeleitet wird, die nach 11" vermutlich noch nicht zu Ende war, als die Anweisung kam, wegen Kollissionsgefahr den Steigflug bei 10.000 ft. abzufangen, was 46" später auch erfolgreich beendet war, bevor 7" später eine neue Höhe eingestellt wurde, dokumentiert für mich eine ständige Fluglage- und höhenänderung durch den Autopiloten.

    Da die jeweiligen Zielwerte ja auch erreicht wurden, bestand wohl keine Veranlassung für einen Handeingriff. Der Rest bleibt Spekulation.

    Die von Dir in #93 dargestellten Probleme am 3./4. und 5. Januar am Autothrottle-System hingegen, lassen sich nicht wegdiskutieren. Sie sind belegt und wurden bei der bisherigen Analyse m.E. nicht ausreichend berücksichtigt.

    Die gestörte Funktion der Triebwerksschubverstellung nur durch zwei erfolglose Versuche der Kontaktreinigung von Steckern und nachfolgend des Schalters für den Go Around (TOGA) anzugehen, halte ich persönlich für unverantwortlich. Hier hätte m.E. eine intensive Untersuchung elektronisch und mechanisch erfolgen müssen, da der Fehler zweimal kurz hintereinander auftrat und die Ursache nicht einwandfrei geklärt werden konnte.
    Geändert von Don Caramba (18-02-2021 um 11:50 Uhr)
    "Es genügt nicht nur sich keine Gedanken zu machen, man muss auch unfähig sein, sie auszudrücken." (Karl Kraus)

  6. #126
    Zitat Zitat von Don Caramba Beitrag anzeigen
    Es gibt jedoch keinen einzigen Hinweis darauf, dass die Piloten etwas bemerkt haben und irgendwelche Reaktionen - auch anderer Art - gegen die sich anbahnende Katastrophe in den entscheidenden 75" eingeleitet haben. Jedenfalls steht dazu im vorläufigen Bericht nichts drin.

    Dass in einer Phase in der sich das Flugzeug noch im Steigflug nach dem Start befindet, zunächst eine Kursänderung eingeleitet wird, die nach 11" vermutlich noch nicht zu Ende war, als die Anweisung kam, wegen Kollissionsgefahr den Steigflug bei 10.000 ft. abzufangen, was 46" später auch erfolgreich beendet war, bevor 7" später eine neue Höhe eingestellt wurde, dokumentiert für mich eine ständige Fluglage- und höhenänderung durch den Autopiloten.

    Da die jeweiligen Zielwerte ja auch erreicht wurden, bestand wohl keine Veranlassung für einen Handeingriff. Der Rest bleibt Spekulation.
    Hier ist ein Video eines Starts aus Jakarta. Ist zwar ein Airbus und keine Boeing, aber ich wollte mal einen Eindruck bekommen wie ein Start in Jakarta aussieht. Das ganze Checkup vor dem Flug habe ich übersprungen.

    Beim Start hatte der Pilot seine Hand fast die ganze Zeit an der Throttle - während des Startes normal. Um Minute 18 erkennt man schon etliche Bewegung an den Trimrädchen (die schwarz/weißen Rädchen am Rand des Quadranten) ohne dass ich die Piloten am bedienen derer sehe. Ich tippe mal eine Art Auto-Pilot ist daher bereits aktiv. Ungefähr bei 18:38 drückt der Co-Pilot auf einen Knopf -laut Google Bildern, könnte es sich um das Aktiveren des Heading-Modes sein. Bei 18:50 wird eine Climb-Anweisung vom Piloten gegeben die postwendend vom Co-Piloten eingegeben und bestätigt wird (check). Um 19:00 findet ein Frequenzwechsel statt, der Co-Pilot meldet sich bei der Frequenz an (hab nichts verstanden außer "Good Morning") und bekommt einen Squark den er dann im Flugcomputer eingibt. Der Squark wird von den Fluftsicherungen vergeben und identifizieren dich in deren System (zusätzlich zum Transponder).

    Bis zur Minute 20, sieht man beide Piloten, hauptsächlich aber den Co-Piloten, verschiedene Einstellungen vornehmen, der Pilot hat sich im wesentlichen auf das Fliegen konzentriert und nur den Kurs angepasst wenn der Co-Pilot gerade mit etwas anderem beschäftigt war (zum Beispiel das Abarbeiten der Checkliste nach Beendigung der Startphase). Ich würde hier die klare Trennung von der ich zuvor sparch erkennen wollen: Der Pilot (links) fliegt die Maschine und hat den Kopf in Richtung der Instrumente, die rechte Hand meistens am Schubhebel und die linke (verdeckt) vermutlich am Steuer Joystick.

    Um Minute 22:40 endet der 'unter den Wolken' Flug. Man befindet sich immer noch im Climb (weil der Fluglage Indikator deutlich mehr blau als braun zeigt - im Horizontalflug würden blau und braun genau eine Kugelhälfte bedecken). Leider ging der Flug in eine etwas andere Richtung als Sriwijaya 182, dann hätte man besser die Richtungs- und Höhenanpassungen verleichen können.

    Der moderne Airbus ist hier jedoch schon deutlich im Vorteil gegenüber der alten Boeing. Die Fly-By-Wire Steuerung über den Joystick, erlaubt dem Piloten mit der rechten Hand am Steuerhebel zu bleiben bzw. auch Instrumente zu bedeinen falls dies erforderlich ist. Bei der B737 habe ich beim rotieren meist beide Hände an dem Yoke gesehen.

    Hier ist noch ein anderes Video, diesmal eine Boeing aus Jakarta. Wenn ich das richtig interpretiere fliegt der Pilot hier selbst bis zu Minute 5:26 wenn er den AP einschaltet, danach steigt das Flugzeug aber nicht mehr allzulange und bei 5:34 fliegt er schon horizontal - befindet sich also wohl schon in Reiseflughöhe. Aber auch hier siehst du permanente Kurskorrekturen. Es bleibt mri aber ein Rätsel wie man den 3-fach vorhandenen Fluglageanzeiger übersehen konnte und die darauf angezeigte Schräglage.

    Zitat Zitat von Don Caramba Beitrag anzeigen
    Die von Dir in #93 dargestellten Probleme am 3./4. und 5. Januar am Autothrottle-System hingegen, lassen sich nicht wegdiskutieren. Sie sind belegt und wurden bei der bisherigen Analyse m.E. nicht ausreichend berücksichtigt.

    Die gestörte Funktion der Triebwerksschubverstellung nur durch zwei erfolglose Versuche der Kontaktreinigung von Steckern und nachfolgend des Schalters für den Go Around (TOGA) anzugehen, halte ich persönlich für unverantwortlich. Hier hätte m.E. eine intensive Untersuchung elektronisch und mechanisch erfolgen müssen, da der Fehler zweimal kurz hintereinander auftrat und die Ursache nicht einwandfrei geklärt werden konnte.
    Ja, die fehlerhafte automatische Schubkontrolle scheint momentan zumindest der Ursprung der Katastrophe zu sein. Nun stand in den Maintaince Reports 'autothrottle was unserviceable', das kann natürlich auch bedeuten dass sie gar nicht funktionsfähig war und dieses Problem durch reinigen der Kontakte gereinigt werden konnte. Problem ist allerdings, dass man diese Funktionen eigentlich nur im Flug oder mit dem internen Test Programm testen kann. Letzteres wurde wohl jedesmal gemacht und die Tests erfolgreich abgeschlossen. Jedoch gebe ich dir vollkommen recht, spätestens beim 3. Mal hätte man intensiver untersuchen müssen ob nicht etwas auch Komponenten die dem AT zuarbeiten beschädigt sein könnten. Eventuell sogar eben jene Machanismen die am Boden vom Test Programm simuliert werden.

    Da bin ich mir auch sehr sicher, das dem nachgegangen wird ob hier dem etwas Wartungspersonal entgangen ist.
    Geändert von Taisho (18-02-2021 um 15:38 Uhr)

  7. #127
    Zitat Zitat von Taisho Beitrag anzeigen

    Hier ist ein Video eines Starts aus Jakarta
    Ich habe selbst auch schon nach Start-Videos einer 737-500 in YouTube gesucht und auch einige gefunden - aber mir bringen die ehrlich gesagt, nichts. Dafür fehlen mir eben jegliche Grundlagen.

    Könnte ich mit einem Instruktor die Sequenz in einem Flugsimulator einmal in aller Ruhe (am besten in Slow-Motion) - und das mehrfach - durchgehen, könnte das eventuell was bringen. Aber so....

    Ist schon sehr interessant, aber für den fliegerischen Laien kaum praxisnah nachzuvollziehen. Da helfen auch jahrzehntelange Erfahrungen mit anderen bedientechnischen Interfaces hochautomatisierter Systeme nur wenig.
    Geändert von Don Caramba (18-02-2021 um 17:36 Uhr)
    "Es genügt nicht nur sich keine Gedanken zu machen, man muss auch unfähig sein, sie auszudrücken." (Karl Kraus)

  8. #128
    Zitat Zitat von Taisho Beitrag anzeigen

    Da bin ich mir auch sehr sicher, das dem nachgegangen wird ob hier dem etwas Wartungspersonal entgangen ist.
    Und damit kommen wir zu dem wesentlichen Teil meiner Kritik an der bisherigen Untersuchung, die sich

    1. auf die Struktur und
    2. den inhaltlichen Schwerpunkt des Zwischenberichts

    bezieht.

    Zu 1)

    Normalerweise erwarte ich in solch einem Bericht, dass die relevanten Forderungen aus Normativdokumenten je nach Thema - in diesem Fall Instandhaltung, Flugbetrieb, Ausbildung, Kontakt mit der Leitstelle, etc. - sauber voneinander in einzelnen Kapiteln getrennt, zunächst aufgelistet werden und dann DORT den festgestellten Mängeln, Fehler oder Abweichungen dazu ("Findings") gegenübergestellt werden.

    Beispiel:

    Kap. X Instandhaltung

    X.1 Anforderungen aus Dokument ....

    X.2 Festgestellte Abweichungen ...


    Kap. Y Ausbildung

    Y.1 Anforderungen aus Dokument ....

    Y.2 Festgestellte Abweichungen ....

    (Ende Beispiel)

    Im vorliegenden Fall geht das alles munter und wild durcheinander. Dä werden Fakten aus der Flightrecorderaufzeichnung, Anforderungen aus Ausbildungspapieren und generelle Anforderungen aus allgemeinen Grundsätzen zur Qualitätssicherung in ein und demselben Kapitel zusammengerührt und dem Leser präsentiert. So etwas ist völlig unprofessionell und erfüllt nicht die Anforderungen an einen sauber strukturierten Bericht einer Unfallanalyse.

    Zu 2)

    Der inhaltliche Schwerpunkt eines solchen Berichtes muss sich in der Abfolge der thematischen Behandlung m.E. widerspiegeln - heisst: Gesicherte, belegbare Fakten und Verstösse gegen Forderungen in Normativdokumenten, gehören priorisiert nach ihrer Wichtigkeit und Bedeutung für den Fall an den Anfang der jeweiligen Kapitel (s.o.).

    Diese Abweichungen werden gemeinhin in Untersuchungsteams als "Bullets" (Geschoss, Kugel) bezeichnet, weil sie den erkannten Regel- oder Anforderungsverstoss genau "treffen" müssen.

    Dies ist im vorliegenden Bericht nicht der Fall.

    Da wird seitenlang über Anforderungen an die Simulatorausbildung referiert, obwohl kein einziger Punkt angeführt werden kann, was die Piloten falsch gemacht haben, weil man schlichtweg dafür gar keine "Bullets" hat. Andererseits werden nachgewiesene Mängel in der Instandhaltungsabwicklung und -dokumentation Tage vor dem Unfall erst am Ende des Berichts in 3 bis 4 Zeilen mehr beiläufig erwähnt.

    So geht das m.E. nach nicht!

    Durch diese ungerechtfertigte Verschiebung der Prioritäten von Spekulation und Faktischem, wird gewollt oder ungewollt, ein falscher Eindruck der beitragenden Faktoren ("contributing factors") zum Ereignis beim Leser hervorgerufen.

    Die für die Abfassung des Berichts zur Verfügung stehende Zeit von 4 Wochen, kann für dererlei Mängel nicht entschuldigend herangezogen werden.
    Sie sind m.E. eher grundlegender Natur und belegen, dass den Verfassern die Anforderungen an die Qualität solcher Berichte, die international recht einheitlich und unumstritten ist
    - vorsichtig ausgedrückt - bei ihrer Arbeit offenbar nicht abrufbar waren.

    Ansonsten gilt für den Bericht, dass man bei dem wenigen, was man eigentlich weiss, etwas weniger, aber dies dafür strukturierter und pointierter, durchaus MEHR gewesen wäre.
    Geändert von Don Caramba (20-02-2021 um 06:35 Uhr)
    "Es genügt nicht nur sich keine Gedanken zu machen, man muss auch unfähig sein, sie auszudrücken." (Karl Kraus)

  9. #129
    OFF-TOPIC

    Nur, weil gerade überall berichtet wird, das Flugzeugteile in den USA vom Himmel regneten.

    https://youtu.be/w_qbBZ2kVlM ... Video eines Passagiers!

    http://avherald.com/h?article=4e35503b&opt=0 ...wird jeweils aktualisiert.

    https://youtu.be/Tkieg1ZFcPE .....Cpt. Browns Kommentar
    Geändert von Don Caramba (22-02-2021 um 10:55 Uhr)
    "Es genügt nicht nur sich keine Gedanken zu machen, man muss auch unfähig sein, sie auszudrücken." (Karl Kraus)

  10. #130
    Zitat Zitat von Don Caramba Beitrag anzeigen
    OFF-TOPIC

    Nur, weil gerade überall berichtet wird, das Flugzeugteile in den USA vom Himmel regneten.

    https://youtu.be/w_qbBZ2kVlM ... Video eines Passagiers!
    http://avherald.com/h?article=4e35503b&opt=0 ...wird jeweils aktualisiert.
    https://youtu.be/Tkieg1ZFcPE .....Cpt. Browns Kommentar
    Ich habe am Wochenende nur von den Teilen in Dallas gehört, in Maastricht hat es aber auch Teile einer 747 geregnet. Ein bisschen erschreckend was gerade passiert, aber glücklicherweise ist es in beiden Fällen relativ glimpflich ausgegangen.

    Zufall oder nicht, es waren wieder zwei Boeings...

  11. #131
    Ich komme noch einmal zurück zur Kritik am Zwischenbericht des Sriwijiaya-Unfalls.

    Der Bericht beschreibt umfänglich die vom FDR aufgezeichnete Fehlfunktion des Autothrottle-Systems, widmet sich allerdings der Historie des Flugzeugs in den Tagen vor dem Unfall lediglich in 3 Absätzen:

    ------------------------------------------

    On 3 January 2021, the pilot reported that autothrottle was unserviceable. The engineer rectified the problem by cleaning the autothrottle computer's electrical connector. After re-installation, the Built-in Test Equipment (BITE) test result was good.

    On 4 January 2021, the pilot reported thatautothrottle was unserviceable. The engineer tried cleaning the autothrottle computer's electrical connector but the problem remained and it was transferred to DMI number list 07958.


    On 5 January 2021, the engineer rectified the problem as stated in the DMI number 07958 by cleaning autothrottle Takeoff and Go Around (TOGA) switch and conducted a BITE test on the autothrottle computer. The BITE test result was good and the DMI was then closed.

    -------------------------------

    Damit ist eindeutig klar, dass Tage zuvor das betreffende System "unserviceable" (nicht betriebsklar, unverfügbar, etc.) war und von der Instandhaltung WIEDERHOLT überprüft wurde. Weiter werden die Vorgänge nicht erörtert. Dabei stellen sich einem dazu sofort etliche Fragen:

    - Wer hat die Einträge wo (Bordbuch) vorgenommen? (Name, Personalnummer)
    - Wurde die Instandhaltung zusätzlich mündlich informiert?
    - Welcher Informationsweg ist normalerweise vorgesehen? (Normativdokument)
    - Wurde eine Auftragsnummer vergeben?
    - Wurde eine Dringlichkeitsstufe der Bearbeitung vergeben? (Startgruppe)
    - Wurde eine Auftragsbewertung von einem Experten der Technik für das betreffende System vorgenommen? Wie sah diese aus? (Name, Personalnummer)
    - Wurde eine Festlegung der Instandhaltungsmassnahme getroffen?
    - Wurde hierfür eine zeitliche Einplanung vorgenommen?
    - Wer hat die Instandhaltung vorgenommen? (Name, Personalnummer)
    - Welche Arbeitsmittel wurden dazu verwendet?
    - Existiert für diese Arbeiten eine Herstelleranweisung? Wurde diese eingehalten?
    - Wurde eine QS der Instandhaltung vorgenommen (Name, Personalnummer)?
    - Wer hat die Instandhaltungsmassnahme abgenommen und für beendet erklärt?
    - Wurden die Massnahmen zeitnah dokumentiert? Falls ja, wo?
    - Wie sieht das Instandhaltungs-Management bei Srijiwaja Air generell aus?
    - Wo ist es beschrieben (Mangement-Handbuch)?
    - Sind die Verfahrensschritte darin eindeutig beschrieben?
    - Sind alle Formulare die zu verwenden sind, eindeutig beschrieben?
    - Ist das Instandhaltungsverfahren bei den Mitarbeitern verstanden und wird es konsequent angewandt?
    - Finden dazu regelmässig Audits und Überprüfungen von unterschiedlichen QS-Experten statt? Wenn ja, wie oft? Wann zuletzt? Ergebnisberichte der Audits?
    - Werden die Ergebnisse der Audits den Mitarbeitern mitgeteilt?
    - Von wem? Wo? In welcher Form?
    - Finden regelmässig QS-Schulungen für das Personal statt? Ist die Teilnahme Pflicht?
    - Wird die Teilnahme dokumentiert?
    - Was geschieht bei Nichtteilnahme? Abwesenheit?
    - Werden schriftliche Lernkontrollen nach den Schulungen durchgeführt?
    - Wie sehen die Ergebnisse aus?
    - An wen werden die Ergebnisse berichtet? Von wem? Beispiele!

    Etc. Etc.

    Das ist nur eine kleine Auswahl an Fragen, die einem spontan einfallen, wenn man davon Kenntnis erlangt, dass wenige Tage vor dem Absturz eines Passagierflugzeugs an dem den Unfall verursachenden System MEHRFACH Instandhaltungstätigkeiten durchgeführt wurden.

    Der Untersuchungsbericht, der ja ein Zwischenbericht ist, hat nichts vorzuweisen, ausser dass das Autothrottle-System die Ursache für den Unfall ist. Er geht aber auf die naheliegendsten Fragen zu zeitnahen Reparaturen an diesem System kaum mit einem Wort ein.

    Stattdessen erfahren wir viel über die Ausbildung der Piloten, von deren Beitrag am Unfallgeschehen nichts ausser Mutmassungen vorgebracht werden kann.

    Für mich, eine völlige Fehlausrichtung der Untersuchungsmassnahmen.
    Geändert von Don Caramba (23-02-2021 um 13:21 Uhr)
    "Es genügt nicht nur sich keine Gedanken zu machen, man muss auch unfähig sein, sie auszudrücken." (Karl Kraus)

  12. #132
    Zitat Zitat von Don Caramba Beitrag anzeigen
    Ich komme noch einmal zurück zur Kritik am Zwischenbericht des Sriwijiaya-Unfalls.

    [...]

    Der Untersuchungsbericht, der ja ein Zwischenbericht ist, hat nichts vorzuweisen, ausser dass das Autothrottle-System die Ursache für den Unfall ist. Er geht aber auf die naheliegendsten Fragen zu zeitnahen Reparaturen an diesem System kaum mit einem Wort ein.

    Stattdessen erfahren wir viel über die Ausbildung der Piloten, von deren Beitrag am Unfallgeschehen nichts ausser Mutmassungen vorgebracht werden kann.

    Für mich, eine völlige Fehlausrichtung der Untersuchungsmassnahmen.
    Letztlich war es ein Pilotenfehler weil diese die Lage falsch eingeschätzt haben, unabhängig davon was zur Notlage geführt hat. Der fliegende Pilot heißt nicht umsonst Pilot in Charge - Verantwortlicher Pilot. Und gerade diese Woche haben wir gesehen, wie eine Cockpit Crew eine weitaus größer und schwerere Maschine sicher mit nur einem Triebwerk landen konnten. In wie weit die Ausbildung bei Srijiwaja Schuld daran trägt wird man irgendwann sehen.

    Die Wartungsschichte wird unter Garantie auf links gedreht und untersucht. Schon allein Boeing dürfte ein Interesse haben einen Wartungsfehler zu finden um selbst ein bisschen aus der Schusslinie zu kommen. Bei der Anzahl an (alten) Boeings in der Luft Indonesiens wird auch deren Luftfahrtbehörde wissen wollen was genau da los war. Allerdings stelle ich es mir schwierig vor, den Fehler nachzuvollziehen, wenn es außer den Log-Einträgen keine Möglichkeiten gibt das Problem reproduzierbar analysieren zu können. Allerdings verstehe ich auch, dass es unbefriedigend für alle interessierten
    ist, nicht mal zu wissen welchen Ansätzen tatsächlich nach gegangen wird.

    Die Minimalanforderungen eines ICAO Zwischenbericht hatten wir ja bereits vor der Veröffentlichung kritisiert

    Weiß man ob Srijiwaja diese Wartungen selbst vor genommen hat? Viele Airlines haben Hangars mit Wartungsteams für kleinere Arbeiten (Sitze tauschen, kleinere Elektronik,...) aber größere Arbeiten werden an speziell dafür ausgebildete und ausgerüstete Wartungseinrichtungen gegeben.

    Wie Wartungsarbeiten zu erledigen sind, ist im Maintainance Manual der Hersteller beschrieben und müssen natürlich auch genau so ausgeführt werden. Ich fürchte den Großteil deiner anderen Fragen legt die zuständige Luftfahrtbehörde fest (im Rahmen der ICAO Regelungen) - und wie die Sachen in Indonesien geregelt sind, entzieht sich meiner Kenntnis.
    Geändert von Taisho (23-02-2021 um 21:55 Uhr)

  13. #133
    Zitat Zitat von Taisho Beitrag anzeigen

    Die Wartungsschichte wird unter Garantie auf links gedreht und untersucht. Schon allein Boeing dürfte ein Interesse haben einen Wartungsfehler zu finden um selbst ein bisschen aus der Schusslinie zu kommen. Bei der Anzahl an (alten) Boeings in der Luft Indonesiens wird auch deren Luftfahrtbehörde wissen wollen was genau da los war. Allerdings stelle ich es mir schwierig vor, den Fehler nachzuvollziehen, wenn es außer den Log-Einträgen keine Möglichkeiten gibt das Problem reproduzierbar analysieren zu können.
    .
    Wenn ein Ausfall eines Teilsystems der Turbinenleistungsregelung gemeldet wird, kann man m.E. nicht mehr von "Wartung" sprechen, wenn dem Problem zuleibe gerückt wird. Das sind dann Reparaturarbeiten, also klassische Instandsetzungs(-haltungs)-Massnahmen. Diese MÜSSEN eindeutig nachvollziehbar sein - so, wie es mein zugegeben provokant aufgelisteter Fragenkatalog intendiert.

    Falls es schwierig sein sollte, diese Abläufe nachzuvollziehen, stelle ich das gesamte Instandhaltungssystem der Airline in Frage. Unabhängig davon, ob Teile davon ausgesourced sind oder nicht. Die von mir gestellten Fragen, müssten in einem neuzeitlichen QS-basierten Instandhaltungssystem sofort und auf Knopfdruck vollständig beantwortet werden können.

    Sind sie es nicht, weil zum Beispiel aufgrund der Unterschrift auf einem Reparaturauftrag Herr oder Frau "Unleserlich" nicht ermittelt und befragt werden kann, oder er oder sie sich nach 2 Wochen nicht mehr erinnern kann, was eigentlich exakt gemacht wurde, weil es nicht dokumentiert und archiviert wurde, dann ist das System untauglich.

    Man hätte in dem Bericht den Satz spendieren können, dass die Instandsetzungsmassnahmen einwandfrei nachvollziehbar waren und sie den internationalen Standards entsprechen. Aber dies hat man nicht getan, vermutlich weil man nicht einmal ansatzweise in diese Richtung gedacht hat.

    Alles hat sich sofort und ausschliesslich auf die Fliegerei und das Handwerk der Piloten gestürzt, vermutlich weil da alle der Kommission vermeintlich mitreden können. Verständlich, vielleicht - aber eine ganzheitliche Ereignisanalyse ist dies nicht.

    Sonst hätte einem spätestens im Akteur-Zeitablauf-Diagramm auffallen müssen, dass die vom FDR aufgezeichneten Fehler an der Autothrottle-Steuerung unmittelbar vor dem Absturz mehrfach
    Gegenstand von Reparaturarbeiten waren.

    Womit dann auch vielleicht einigen Leuten in der Instandhaltung klar geworden wäre, warum es so etwas wie QS-Massnahmen bei Instandhaltungsabläufen gibt. Sie dienen nämlich nicht nur - wie oft irrtümlich bei den Praktikern angenommen - der Beschäftigungstherapie des Instanthaltungspersonals in den auftragslosen Phasen ihrer Arbeitszeit.
    Geändert von Don Caramba (24-02-2021 um 08:43 Uhr)
    "Es genügt nicht nur sich keine Gedanken zu machen, man muss auch unfähig sein, sie auszudrücken." (Karl Kraus)

  14. #134
    Ich habe mal nach Maintenance Logs gegooglet und bin letztlich beim Lion Air Absturz hängen geblieben. Im Zwischenbericht zu diesem Vorfall wurden auch Scans der Logbücher angefügt aber auch auf diversen anderen Seiten die sich mit dem Absturz beschäftigten verwendet wurden. Weil Bilder in einem PDF schwer zu verlinken sind greife ich daher auf ein Bild auf theaircurrent.com zurück.



    In der Regel beginnen unplanmäßige Wartungsarbeiten, dass jemand eine Fehlfunktion feststellt und meldet. Das kann der Pilot sein, aber ich wüsste nicht warum nicht auch andere Techniker oder wer sonst an einem Flugzeug rumwuselt Auffälligkeiten melden könnten. Diese werden dann im Bordbuch festgehalten. Bei sicherheitsrelevanten Problemen muss ein Flugzeug natürlich sofort in die Wartung ansonsten kann das Flugzeug weiter fliegen sofern die Cockpit Crew des aktuellen Flugs die gemeldeten Probleme zur Kenntnis genommen und unterzeichnet trotzdem zu starten.

    Letztlich hat immer der Pilot die Verantwortung ob er mit dem ihm zur verfügung gestellen Gerät unter den aktuellen Bedingungen startet oder nicht. Das ist zumindest die Theorie, ich denke in der Praxis - und gerade bei Low-Cost Airlines - herrscht vermutlich ein ausreichend starker Druck, dass Piloten wohl wirklich nur in absoluten Außnahmefällen den Start verweigern. Ich habe allerdings mal persönlich erlebt wie ein Flug 4h verspätet war, weil der Pilot bei pre-check eine Fehlfunktion entdeckte und das Flugzeug tauschen lies, was natürlich entsprechend gedauert hat weil dieses auch erst zum Startflughafen fliegen musste.

    Zur Erklärung, im oberen Teil sieht man die klassichen Bordbuch-Einträge wie sie verpflichtend von jedem Piloten einzutragen sind (von, nach, wann, wielange, wer). Ich kenne nur die rechtliche Situration in Deutschland, hier muss das Boardbuch stets mitgeführt werden und wird meines Wissens auch stichprobenartig überprüft. Darunter ist der Teil mit dem Fehlfunktionen. Auf diesem Screenshot ist ersichtlich dass beide Items gezeichnet also zur Kenntnis genommen wurden und auch Departure Acceptence (ganz unten mitte-rechts) und das Maintenance Release wurden unterzeichnet.

    Wenn das Flugzeug dann irgendwann in den Service geht, werden die Felder rechts der Fehlerbeschreibung ausgefüllt (was wurde gemacht, wann, wo und schließlich wer hat den Fehler behoben (perform) und check (RII - Required Inspections Items)). Es scheint (zumindest bei Lion Air) Praxis zu sein, mit der Mitarbeiternummer anstall eines unleserlichen Kürzels zu unterschreiben

    Zum Thema RII, habe ich auf die schnelle einen Blog Eintrag gefunden der das ganze grob beschreibt. Da die Prozedur von der FAR spezifiziert und standartisiert wurde.

    Bei dem Screenshot verstehe ich allerdings nicht warum alle Items vom Mitarbeiter 180066 unterzeichnet wurden, selbst diese des verantwortlichen Pilotens (PIC), wo dieser doch entweder die Nummer 133031 oder 144291 haben müsste). Mir fehlt jetzt aber die Zeit mich durch die Eigenheiten von der KNKT stark kritisierten Wartungsdokumentation durchzulesen.

    Zitat Zitat von Don Caramba Beitrag anzeigen
    Man hätte in dem Bericht den Satz spendieren können, dass die Instandsetzungsmassnahmen einwandfrei nachvollziehbar waren und sie den internationalen Standards entsprechen. Aber dies hat man nicht getan, vermutlich weil man nicht einmal ansatzweise in diese Richtung gedacht hat.
    Ja, gebe ich dir recht. Ich nehme doch mal stark an, dass es bei einer Airline ein Pendant zum Bordbuch auf Wartungsseite gibt, in dem gemachte Arbeiten dokumentiert wurden.
    Um zu wissen was die Piloten wissen konnten wird man das Bordbuch finden müssen, welches meines Wissens in noch keinem Satz erwähnt wurde. Die Sachen mit dem Papier und Tinte in Wasser wird sich aber inzwischen selbst aufgelöst haben.

    Noch ein paar Links zu dem Thema bei Airliners.de:
    https://www.airliners.de/das-vorauss...nagement/49621
    https://www.airliners.de/grundlagen-...haul-mro/50890
    https://www.airliners.de/durchfuehru...staetten/51313
    https://www.airliners.de/qualitaets-...ement-11/52877
    Geändert von Taisho (01-03-2021 um 09:37 Uhr)

  15. #135
    @ Taisho

    Sehr gute Recherche mit wertvollen Informationen !

    Damit dürfte klar sein, dass auch bei Sriwajaya Air (ähnlich wie bei Lions) ein neuzeitliches Instandhaltungsverfahren etabliert ist (nationaler Standard). Ob und inwieweit dies konsequent angewendet wird, bleibt offen - zumal aus wirtschaftlichen Gründen Srivijaya Air in den letzten Jahren mehrfach die Kooperation mit seinen früheren Instandhaltungspartnern gewechselt hat.
    Dies geht aus nachfolgendem Artikel hervor, der beschreibt, dass die Schuldenlast der Airline teils hart an deren wirtschaftliches Überleben ging. Zuletzt wurde offenbar die Instandhaltung von Eigenpersonal der Airline durchgeführt.

    https://voi.id/en/bernas/26117/setel...bengkel-garuda

    Möglicherweise ist die Zurückhaltung der staatlichen Untersuchungskommission beim Thema Instandhaltung im Zwischenbericht dieser delikaten Situation der Airline geschuldet. Profunde Untersuchungen dazu scheinen in der Tat angebracht. Vielleicht gibt ja der Abschlussbericht irgendwann darüber näher Auskunft.
    "Es genügt nicht nur sich keine Gedanken zu machen, man muss auch unfähig sein, sie auszudrücken." (Karl Kraus)


Berechtigungen

  • Neue Themen erstellen: Nein
  • Themen beantworten: Nein
  • Anhänge hochladen: Nein
  • Beiträge bearbeiten: Nein
  •