Ich habe Glück, dass ich trotz mehrmonatiger Schliessung meines Arbeitsplatzes für den Kundenverkehr weiter arbeiten konnte.
Seit letzter Woche haben wir wieder für Besucher geöffnet, aber niemand weiß für wie lange. Es tut gut, die wohlwollenden Worte der Kunden zu hören, die sich bei uns sicher fühlen und sagen, in jedem Supermarkt gibt es mehr Kontakt zu anderen Personen als in unserer Bibliothek.
Für unsere Kunden ist es wichtig sich von den Sorgen des Alltags ablenken zu lassen.
Ich pflege neben meinem Beruf meine 87jährige Mutter, die mit im selben Haus lebt und bin gesetzliche Betreuerin für meinen behinderten Bruder.
Das ist schon ohne Corona sehr zeitintensiv und anstrengend, aber zumindest konnte man sich durch Urlaube (die bei mir nie länger als 1 Woche waren) zwischendurch erholen, doch das ist jetzt eben nicht möglich.
Ich habe viele Freunde und Bekannte im Ausland, die ich seit 1,5 Jahren oder länger nicht gesehen habe.
Momentan weiß ich nicht, wann ich sie überhaupt mal wiedersehen werde.
Immerhin kann meine Mutter zuhause bleiben, wenn ich nicht wegfahre und muss nicht ins Seniorenheim.
Sie lag vor ein paar Wochen im Krankenhaus und ich durfte sie für 1 Stunde am Tag als Einzige besuchen. Immerhin gab es diese Besuchsmöglichkeit, da in anderen Kliniken das nicht möglich ist, was ich persönlich ganz furchtbar finde, da gerade ältere Menschen eben kein Smartphone haben, um mit ihren Lieben in Kontakt zu bleiben.
Zum Glück habe ich ein Haus mit Garten und entsprechend Platz.
Mir tun die Kinder leid, die in der derzeitigen Situation aufwachsen. Wir haben eine 5jährige bei uns in der Familie, die darunter leidet, dass kein Kindergarten ist und das auch entsprechend äußert.
Mir fehlen Restaurantbesuche mit Freunden, Konzerte, ganz allgemein jegliches soziales Leben und vor allem auch Umarmungen.
Ich fühle mit denjenigen, die in Kurzarbeit sind oder sogar schon ihren Job verloren haben und befürchte, wie unser alltägliches Leben aussehen wird, wenn es all die Restaurants und Läden nicht mehr gibt. Die Innenstädte werden aussterben, zumindest in kleineren Städten.
Ich fühle mich erschöpft von den Einschränkungen, die wir nun schon so viele Monate lang haben und wohl auch noch vor uns haben. In meinem Umfeld geht es den Leuten genauso und das Unverständnis den Politikern gegenüber für weltfremde Entscheidungen wächst.