Ich wundere mich schon, wie eindeutig hier so einige sind in ihrer Einschätzung, ob ein Prozess für die 96-jährige der richtige Weg ist. Selbst unter Überlebenden ist es umstritten. Hier mal 2 Berichte dazu.
https://www.dw.com/de/der-prozess-ge...hof/a-59334349
https://www.dw.com/de/stutthof-%C3%B...en/av-59361485
Die Aufarbeitung haette früher passieren müssen, da sind sich hier wenigstens alle einig.
In den letzten Jahren und auch im aktuellen Fall stehen nun Leute vor Gericht, die die prägende Zeit ihrer Kindheit im Dritten Reich verbracht haben, entsprechend sozialisiert wurden und auch in den fraglichen Zeiträumen noch nichtmal volljährig waren. Sie alle stehen wegen Beihilfe vor Gericht. Heute haben sie nur noch kurze Zeit zu leben, viele sind auch bereits gesundheitlich stark beeinträchtigt. Jeder der Prozesse wird medial zu einem Schauprozess. Das kann man doch nicht damit abtun, dass sie sich ja verteidigen können.
Letztendlich stehen sie doch stellvertretend vor Gericht für diejenigen, die man hat laufen lassen. Stellvertretend für diejenigen, die das Laufenlassen zu verantworten haben. Und stellvertretend für die große Mehrheit der damals lebenden Menschen, die angeblich nichts von dem Gräuel bemerkt haben.
Mich erschreckt wirklich, wie es hier für einige nur ein schwarz und weiss bei dem Thema gibt.
Auch wenn ich StefAlbs Beiträge fast immer grottig finde, hier muss man nicht alles wegwischen, was er schreibt.
Jeder sollte dankbar sein, dass er damals nicht gelebt hat, dass er nicht in die Maschinerie gezogen wurde, dass er nicht in solch schwierigen Situationen war.
Geradezu beängstigend finde ich, dass es Menschen gibt, die sich zu 100 % sicher sind, dass sie zu denen gehört hätten, die sich widersetzt hätten. Diese Menschen laufen Gefahr, genau auf solche Mechanismen hereinzufallen.
Ich bin einfach dankbar, die Zeit nicht miterlebt zu haben. Und ich sage ehrlich: ich weiß nicht, ob ich allem widerstanden hätte.
Vor Gericht sollte das Deutsche Volk an sich stehen, auch das Deutschland, dass nach dem Krieg die Aufarbeitung unterliess. Daraus könnte man einen Schauprozess machen, den man gerne jährlich wiederholt, um das Vergessen zu verhindern.
Einzelne sehr alte Menschen, die damals noch minderjährig waren, jetzt vor Gericht zu stellen, halte ich für falsch.